Einzigartige Signatur: Jeder von uns ist von seiner ganz individuellen, unsichtbaren Wolke aus Mikroben umgeben. Denn pro Stunde geben wir gut eine Million biologische Partikel und Bakterien an die Luft um uns herum ab – selbst wenn wir uns nicht bewegen. Und diese Wolke ist für jeden Menschen so einzigartig, dass man uns sogar daran erkennen kann, wie ein Experiment belegt. Das bedeutet aber auch, dass wir ständig mit den Mikrobenwolken unserer Mitmenschen in Berührung kommen.
Wir teilen unseren Körper mit Milliarden von Mikroben – und diese finden sich auch in Gebäuden, auf Oberflächen, im Hausstaub und in schwebenden Tröpfchen. Die Mikroben gelangen über abfallende Hautschüppchen, über unsere Atemluft und durch Verdunstung von Schweiß in die Luft und von dort aus in die Umgebung. Wie viele und welche Bakterien wir allein im Hausstaub hinterlassen und was dieser über uns verrät, enthüllte erst vor kurzem eine Studie.
Testsitzen in der Klimakammer
Aber wie sieht es mit der Luft um uns herum aus? James Meadow und seine Kollegen von der University of Oregon in Eugene haben dies in einem Experiment untersucht. Sie wollten wissen, wie viele und vor allem welche Bakterien ein völlig still sitzender Mensch innerhalb von zwei oder vier Stunden abgibt. Dafür ließen sie elf Probanden, frisch geduscht und nur mit Shorts und einem Top bekleidet, auf einem Stuhl in einer speziellen Klimakammer Platz nehmen.
Herabsinkende Bakterien wurden in der Kammer über Kulturschalen auf dem Boden eingefangen. Die steril eingeleitete Luft wurde über spezielle Feinfilter wieder abgesaugt, die noch biologische Partikel von nur 2,5 Mikrometern Größe auffingen. Die Forscher analysierten das Filtrat und bestimmten anhand der 16S ribosomalen RNA, zu welcher Bakteriengruppe die enthaltenen Mikroben gehörten.
Mehrere tausend verschiedene Bakterien
Wie sich zeigte, lässt sich schon an der Luft erkennen, ob ein Raum leer ist oder einen Menschen enthält. „Alle Okkupanten hinterließen sowohl nach vier als auch nach zwei Stunden typische Bakteriengemeinschaften in den Luftfiltern“, berichten Meadow und seine Kollegen. Obwohl die Probanden ganz still da saßen und sich nicht bewegten, gaben sie Millionen von biologischen Partikeln, darunter viele Bakterien ab. In den insgesamt 312 Proben fanden sich mehrere tausend unterschiedliche Bakterientypen.
„Unsere Studie deutet darauf hin, dass die bakteriellen Emissionen selbst von einer ziemlich inaktiven Person, die beispielsweise am Schreibtisch sitzt, einen starken Einfluss auf die Bakterien hat, die um ihn herum in der Luft vorhanden sind“, so die Forscher. Das aber bedeutet auch, dass wir in geschlossenen Räumen, sei es im Büro oder im Haushalt, ständig den Mikrobenwolken begegnen, die unsere Kollegen oder Mitbewohner abgeben.
Individuell ganz verschieden
„Wir hatten erwartet, dass wir das menschliche Mikrobiom in der Luft um eine Person nachweisen können“, sagt Meadow. „Wir waren aber überrascht, dass wir die verschiedenen Personen schon allein anhand ihrer Mikrobenwolke unterscheiden konnten.“ Denn jeder der Teilnehmer hinterließ eine ganz charakteristische Bakterienmischung sowohl in der Luft als auch auf den Kulturschalen der Kammern.
So enthielt die Wolke eines Teilnehmers besonders viele Staphylokokken, ein anderer dagegen sonderte viele Bakterien der Gattung Dolosigranulum ab, eine Mikrobe, die in den oberen Atemwegen häufig ist. Die Frauen unter den Probanden ließen sich wiederum an Mikroben erkennen, wie sie in der Vaginalflora häufig vorkommen, darunter vor allem Milchsäurebakterien und der Keim Gardnerella vaginalus.
Neben diesen individuell verschiedenen Bakterienmischungen gab es aber auch Keime, die bei allen Personen vertreten waren, dazu gehörten unter anderem Streptokokken und die Hautbakterien Corynebacterium und Propionibacterium.
Ständige Begegnungen
„Damit belegen wir zum ersten Mal, dass jeder Mensch seine ganz eigene, personalisierte Mikrobenwolke absondert“, konstatieren die Forscher. „Und diese sind nur ein Teil der Mikroben, die ein Mensch absondert.“ Denn mit den Hautschuppen und anderen Partikel rieselt auch ein stetiger Strom von Bakterien auf den Boden und die uns umgebenden Flächen hinab.
Das aber bedeutet, dass jeder Mensch beispielsweise im Büro oder anderen Innenräumen viel stärker mit den Mikrobenwolken seiner Mitmenschen in Berührung kommt als bisher angenommen. „Wir interagieren ständig mit den Mikroben, die andere Menschen hinterlassen haben – auf den Stühlen, auf denen wir sitzen, im Staub, den wir aufwirbeln und auf jeder Oberfläche, die wir berühren“, sagen die Forscher. An diese ständigen Begegnungen sind wir jedoch schon seit langem angepasst – und möglicherweise brauchen wir sie sogar.(PeerJ, 2015; doi: 10.7717/peerj.1258)
(PeerJ, 23.09.2015 – NPO)