Archäologie

Römerdorf in Gernsheim entdeckt

Neben dem jüngst entdeckten Kastell lag auch eine Siedlung

Fundament eines Steingebäudes in der Römersiedlung Gernsheim © Dennis Braks

Fund im hessischen Gernsheim: Neben dem im letzten Jahr entdeckten Römerkastell haben Archäologen nun auch die dazugehörende Siedlung entdeckt. Feuerstellen, Brunnen und Steinfundamente zeugen von diesem Dorf aus dem ersten Jahrhundert nach Christus. Die Bewohner der Siedlung waren wahrscheinlich Angehörige der römischen Soldaten, aber auch Händler und einheimische Handwerker.

Im Sommer 2014 erst haben Archäologen der Universität Frankfurt bei der hessischen Stadt Gernsheim ein Römerkastell entdeckt. Das Militärlager lag damals an der Kreuzung zweier Römerstraßen und sollte diesen strategischen Punkt vermutlich schützen. Doch schon damals vermuteten die Forscher aufgrund verstreuter Funde im Stadtgebiet, dass es auch eine Römersiedlung nahe am Kastell gegeben haben musste, ein sogenanntes Vicus.

Siedlungsreste und Alltagsobjekte

Diese Siedlung haben Thomas Maurer von der Goethe-Universität Frankfurt und seine Kollegen nun gefunden. Unweit des Kastells haben sie das gut erhaltene Fundament eines Steingebäudes, Feuerstellen und mindestens zwei Brunnen sowie Kellergruben freigelegt. „Wir sind auch auf wirkliche Kleinodien gestoßen wie seltene Gewandspangen, mehrere Perlen, Würfel und Spielsteine eines Brettspiels und eine Haarnadel aus Bein, gekrönt mit einer weiblichen Büste“, freut sich Maurer. Unzählige Keramikscherben waren ebenfalls unter den Funden.

Spielstein und Würfel aus Knochen aus der Römerzeit. © Thomas Maurer

Die Menschen, die sich im Kastelldorf ansiedelten, waren überwiegend Angehörige der Soldaten und Gewerbetreibende, die von der Kaufkraft des Militärs profitierten. Die Bevölkerung dürfte überwiegend gallisch-germanischen Ursprungs gewesen sein, vielleicht mischten sich darunter auch ein paar Menschen mit römischem Bürgerrecht und Zugezogene aus fernen Provinzen. Von letztem zeugen Reste von Trachten, aber auch Münzen, wie beispielsweise eine Münze aus Bithynien in Nordwest-Anatolien.

Rückschlag nach Aufgabe des Kastells

Das Kastell war errichtet worden, um den rechtsrheinischen Raum großflächig in Besitz zu nehmen und die Verkehrsinfrastruktur zum Zentrum Mainz-Mogontiacum auszubauen. Gernsheim lag damals in verkehrsgünstige Lage, denn hier zweigte eine Straße an den Mainlimes von der Fernstraße Mainz – Ladenburg – Augsburg ab. Auch ein Rheinhafen könnte damals hier existiert haben. Bisher allerdings wurden davon keine Spuren gefunden. „Das war schon durch die Auswahl des Areals nicht zu erwarten“, so Maurer.

Fragment einer Keramikscherbe mit Reliefdekor (Terra sigillata). Datierung: um 100 n. Chr. © Thomas Maurer

Als die römischen Soldaten zwischen 110 und 120 nach Christus ihr Militärlager aufgaben, zerstörten sie weite Teile des Kastells und füllten die Gräben auf. Für die Bewohner des Dorfes war dieser Abzug ein harter Schlag. „Als die Truppe abzog, kam es wahrscheinlich zu einem temporären Niedergang – das wissen wir von besser erforschten Plätzen“, ergänzt Maurer. Doch offenbar erholte sich die Siedlung schnell: Schon im zweiten 2. Jahrhundert wurden dort Steingebäude errichtet, was für Wohlstand der Bewohner spricht.

(Goethe-Universität Frankfurt am Main, 15.09.2015 – NPO)

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