Physik

Sind Dunkle Materie- Teilchen doch Leichtgewichte?

Neue Detektoren ermöglichen Suche in geringeren Massebereichen als bisher

Die Dunkle Materie (blau) ist unsichtbar, sie lässt sich nur indirekt nachweisen. Hier wurde anhand der Gravitation die VerteiluNg der Dunklen MAterie ermittelt. © NASA/CXC/M. Weiss

Das Fahndungsraster wird feiner: Dank eines verbesserten Detektors kann die Suche nach den Teilchen der Dunklen Materie nun in neue Gebiete vorstoßen. Denn möglicherweise sind die rätselhaften Partikel doch leichter als nach der WIMP-Hypothese angenommen. Das CRESST-Experiment unter den italienischen Alpen fahndet nun nach Leichtgewichten bis hin zur Masse nur eines Protons.

Im Universum gibt es fünfmal so viel Dunkle Materie wie normale. Erst kürzlich entdeckten Astronomen in unserer kosmischen Nachbarschaft ein gigantisches Filament, das vorwiegend aus dieser rätselhaften Materieform besteht. Bisher jedoch ist völlig unbekannt, woraus die Dunkle Materie besteht, welche Teilchen ihr ihre Eigenschaften verleihen.

Wo stecken die WIMPs?

„Als wahrscheinlichster Kandidat für das dunkle Materieteilchen galt bisher ein schweres Teilchen, das WIMP“, erklärt Federica Petricca vom Max-Planck-Institut für Physik. Diese Weakly Interacting Massive Particles könnten sich gängiger Theorie nach über überschüssige Gammastrahlung verraten. Denn diese entsteht, wenn zwei solcher WIMPs kollidieren und sich gegenseitig auslöschen.

Zwar haben Forscher erste potenzielle Anzeichen einer solchen Strahlung entdeckt, beispielsweise in Zwerggalaxien, in unserer Nachbargalaxie und sogar im Herzen unserer Milchstraße. Doch diese sind nicht viel mehr als potenzielle Hinweise, versehen mit vielen Fragezeichen.

Kalziumwolframat-Kristalle leuchten auf, wenn sie Energie durch eine Teilchenkollision bekommen. © CRESST

Kristalle als Teilchenfänger

Wissenschaftler fahnden jedoch auch direkt nach den Teilchen der dunklen Materie. Einer dieser Detektoren ist das CRESST-Experiment (Cryogenic Rare Event Search with Superconducting Thermometers) im Untergrundlabor von Gran Sasso in den italienischen Alpen. Als Detektoren dienen Kristalle aus Kalziumwolframat, die bis nahe an den absoluten Nullpunkt herunter gekühlt sind. Treffen die gesuchten Teilchen der Dunklen Materie auf eines der Atome im Kristall, geben sie Energie ab, die sich als winzige Temperaturänderung des Detektors bemerkbar machen.

Im Jahr 2011 registrierten die Detektoren tatsächlich solche Signale im Bereich von 10 bis 20 Gigaelektronenvolt, als durch Hintergrundprozesse erklärbar waren. Weil die Signifikanz bei mehr als vier Sigma lag, sorgte dies zunächst für Aufsehen unter den Jägern der Dunkle Materie Teilchen. Wenig später allerdings mussten die CRESST-Forscher dies revidieren. Denn wie sich herausstellte, hatte ein zuvor nicht entdeckter Hintergrundprozess dieses Signal erzeugt.

Einbau von neuen Detektormodulen in das CRESST-Experiment © Max-Planck-Institut für Physik

So leicht wie ein Proton?

Um diesen Fehler auszuschließen und den Detektor noch sensibler für leichte Teilchen zu machen, wurde CRESST nun weiterentwickelt. „Der Detektor eignet sich nun insbesondere für Messungen zwischen 0,5 und 4 GeV/c2 und hat in diesem Bereich seine Sensitivität um das Hundertfache verbessert“, sagt Jean-Côme Lanfranchi, von der Technischen Universität München.

Tatsächlich deuten CRESST-Messungen seit 2011 darauf hin, dass das gesuchte Teilchen weniger ein massereiches WIMP sein könnte, als vielmehr ein leichteres Partikel. Es hätte dann nicht die Masse eines Kohlenstoffatoms, sondern nur die eines leichteren Atoms oder sogar nur eines Protons. Auch die neben den WIMPs prominenteste Hypothese zu den Teilchen der Dunklen Materie, geht von solchen leichteren Teilchen in Form sogenannter Axions aus.

Einen wichtigen Schritt zum Aufspüren solcher „Leichtgewichte“ erhoffen sich die Forscher nun auch vom CRESST-Experiment. Ende 2015 beginnt der nächste Messzyklus von CRESST – man darf gespannt sein. ( arXiv:1509.01515)

(Technische Universität München, 09.09.2015 – NPO)

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