Die Sonnenaktivität hat weniger Einfluss auf die aktuelle Klimaerwärmung als angenommen. Denn ausgerechnet die Zeitreihe der Sonnenaktivität, die für einen Anstieg sprach, enthielt offenbar methodische Fehler, wie die Internationale Astronomische Union (IAU) berichtet. Nach einer Neukalibrierung der Methode geben nun historische Sonnenflecken-Beobachtungen keinerlei Hinweis mehr auf einen signifikanten Anstieg der solaren Aktivität seit Beginn der Industrialisierung.
Die Sonne ist für das Klima der Erde der entscheidende Energielieferant. Nimmt ihre Einstrahlung ab, beispielsweise in Phasen geringer Sonnenaktivität und weniger Sonnenflecken, dann wird es auch auf der Erde kühler. Als ein Beispiel gilt die „Kleine Eiszeit“ im späten 17. Jahrhundert, die wahrscheinlich durch das sogenannte Maunder-Minimum der Sonnenaktivität verursacht wurde. Wie stark der solare Einfluss damals war, ist allerdings umstritten.
Sonnenflecken als Indikatoren
Noch heftiger diskutiert wird darüber, welche Rolle natürliche Schwankungen der Sonnenaktivität für die aktuelle Klimaerwärmung spielen. Das Problem: Es gibt zwei auf verschiedenen Zählmethoden von Sonnenflecken beruhende Interpretationen historischer Sonnenaktivität – und diese widersprachen sich bisher. „Die Sonnenfleckenzahl ist die einzige direkte Aufzeichnung darüber, wie sich der solare Zyklus über mehrere Jahrhunderte hinweg entwickelt hat“, erklärt die Internationale Astronomische Union (IAU).
Die sogenannte Wolf Sunspot Number (WSN) ermittelt die solare Aktivität sowohl anhand der Anzahl der Sonnenfleckengruppen als auch an der Gesamtzahl der Flecken innerhalb aller Gruppen. Weil aber die Beobachtungsmethoden gerade früher Astronomen wie Galileo Galilei nur größere Sonnenflecken oder Gruppen erfassen konnten, ließen sich damit ältere Aufzeichnungen nur bedingt auswerten.
Hat die Sonnenaktivität zugenommen?
Um das zu ändern, wurde 1998 die Group Sunspot Number (GSN) eingeführt. Sie wertete nur die Anzahl der Sonnenfleckengruppen aus und konnte daher auch sehr alte Beobachtungen mit einbeziehen. Doch schnell zeigten sich Abweichungen dieser neuen Methode von der alten. Nach ihr stieg die solare Aktivität seit dem 18. Jahrhundert kontinuierlich an und erreichte im späten 20. Jahrhundert einen Höhepunkt – das sogenannte Modern Grand Maximum. In der Methode nach Wolf war von dieser Zunahme jedoch nichts zu erkennen.
Aber welche Methode hat Recht? Um das herauszufinden, hat ein Forscherteam um Frédéric Clette vom World Data Centre des internationalen Wissenschaftsrats ICSU und Ed Cliver vom US National Solar Observatory nun beide Methoden noch einmal genau überprüft und anhand neuester Daten kalibriert. Ihre korrigierte Zeitreihe der Sonnenflecken stellten sie nun auf der Generalversammlung der IAU auf Hawaii vor.
Kein Anstieg mehr nachweisbar
Ihr Ergebnis: Die Methodik der Group Sunspot Number-Zeitreihe war fehlerhaft. Auch der vermeintliche Anstieg der Sonnenaktivität zwischen dem 18. und 20. Jahrhundert hat sich als bloßer Kalibrierungsfehler entpuppt, wie die Forscher berichten. Ach Korrektur und Neukalibrierung erweist sich die Sonneaktivität nun auch nach der Gruppenmethode GSN als seit rund 300 Jahren relativ stabil.
„Nach Korrektur dieser Diskrepanzen gibt es nun keine substanziellen Unterschiede mehr zwischen den beiden historischen Zeitreihen“, berichtet die IAU. Auch von dem zuvor nur in der GSN-Zeitreihe sichtbaren „Modern Grand Maximum“ im 20. Jahrhundert ist nun offenbar nichts mehr übrig geblieben. „Das macht es schwer, die beobachteten Veränderungen des Klimas seit der industriellen Revolution als signifikant von den natürlichen Trends der Sonnenaktivität beeinflusst zu sehen“, heißt es in dem Statement der IAU.
(International Astronomical Union (IAU), 10.08.2015 – NPO)