Gewiefte Seefahrer: Spinnen sind keineswegs hilflos, wenn sie ins Wasser fallen – ganz im Gegenteil. So strecken einige ihre Beine oder den Hinterkörper wie Segel in die Höhe, um sich vom Wind vorantreiben zu lassen. Andere werfen Spinnennetze aus, um sich an der Wasseroberfläche zu verankern. Wieder andere trippeln mit Hilfe ihrer wasserabweisenden Beine auf der Oberfläche entlang, wie Forscher im Fachmagazin „BMC Evolutionary Biology“ berichten.
Spinnen haben mehr Bewegungstricks auf Lager als einfach nur zu krabbeln: Einige schlagen Flickflacks, andere nutzen Spinnfäden und sogar kleine Netze, um sich vom Wind verwehen zu lassen. „Diese Verbreitung durch die Luft ist sogar einer der einflussreichsten Mechanismen, mit denen Spinnen große, sogar interkontinentale Distanzen zurücklegen können“, erklären Morito Hayashi von der University of Nottingham und seine Kollegen.
Schon Darwin staunte
„Sogar Darwin berichtete schon über fliegende Spinnen, die Kilometer von jedem Land entfernt auf das Deck der Beagle fielen“, so Hayashi. Doch genau dieser Lufttransport über See sorgte für Rätselraten unter Biologen. Denn für die Spinne ist das Risiko dabei enorm, abzustürzen und dann sozusagen schiffbrüchig auf dem Wasser festzusitzen oder sogar zu ertrinken. Eigentlich wäre damit diese Verbreitungsform viel zu riskant.
Oder vielleicht doch nicht? Die Forscher haben die Probe aufs Exempel gemacht und 21 Spinnenarten im Labor über eine Wasserfläche segeln lassen. Ein Ventilator sorgte dabei für Windgeschwindigkeiten zwischen knapp 0,03 und 0,8 Metern pro Sekunde. Sie beobachteten, wie sich die Spinnen verhielten, wenn sie auf dem Wasser aufkamen.
Segeln mit Beinen oder im Handstand
Wie sich zeigte, nutzten die Spinnen sechs ganz unterschiedliche Strategien, um mit dieser wenig günstigen Situation fertigzuwerden. „Wir haben festgestellt, dass die Spinnen aktiv Positionen einnehmen, durch die sie ihre Bewegung auf dem Wasser mit Hilfe des Windes kontrollieren können“, so Hayashi. Das könnte erklären, wie die Spinnen schadlos selbst Meeresarme oder sogar ganze Ozeane überqueren können.
Einige Spinnen reagierten auf ihre unfreiwillige Landung, indem sie ihre Beine in die Höhe streckten und so vom Wind angetrieben über das Wasser segelten. „Die segelnden Spinnen gleiten dabei sanft und stetig über das Wasser, ohne Turbulenzen zu erzeugen“, berichten die Forscher. Andere wählten dagegen die Kopfüber-Methode: Sie reckten ihre Hinterkörper als Segel in die Höhe und standen dabei fast im Handstand. Einige Spinnen bleiben zwar gerade, begannen aber mit flinken Schrittchen vor dem Wind her auf der Oberfläche entlang zu trippeln.
Netz als Anker
Wieder anderen Spinnen war eine sichere Verankerung offenbar wichtiger als ein schnelles Vorwärtskommen: Sie produzierten Spinnenseide, die sie wie ein Netz oder ein Anker auf der Wasseroberfläche festhielt. „Dadurch verlangsamten sie ihr Segeln oder stoppten sogar ganz“, so die Forscher. Es gab aber auch Spinnen, die sich schlicht totstellten: Sie blieben bewegungslos auf der Wasseroberfläche liegen – wahrscheinlich, um nicht durch Umherzappeln Fische und andere Fressfeinde anzulocken.
Insgesamt scheinen dabei die besten Luftsegler auch die begabtesten Segler auf dem Wasser zu sein, wie Hayashi und seine Kollegen berichten. Eigentlich auch kein Wunder, denn für sie ist das Risiko am größten, unfreiwillig im Wasser zu landen. „Wenn aber die Landung auf dem Wasser kein Problem mehr darstellt, dann können sie in einer oder zwei Wochen enorme Strecken zurücklegen“, sagt Koautorin Sara Goodacre von der University of Nottingham. (BMC Evolutionary Biology, 2015; doi: 10.1186/s12862-015-0402-5)
(BioMed Central, 03.07.2015 – NPO)