Kein Gedränge im frühen Kosmos: In der Frühzeit des Universums könnte es sehr viel weniger Galaxien gegeben haben als bisher angenommen. Denn auf jede sehr helle, für uns sichtbare Galaxie kommen möglicherweise nur rund zehn lichtschwächere, wie Astronomen anhand eines Computermodells ermittelt haben. Bisher ging man von hundert- bis tausendfach mehr frühen Galaxien aus, die wir bisher aufgrund der zu schwachen Teleskope schlicht nicht sehen.
Dank immer besserer Teleskope reich der Blick der Astronomen heute schon zurück bis in die Zeit der allerersten Galaxien und Sterne. Doch selbst die scharfen Augen des Hubble-Weltraumteleskops können nur die hellsten und größten Vertreter dieser frühen Population aufspüren. Wie viele lichtschwächere Galaxien es im fernen Universum gibt, ist daher bisher Gegenstand der Spekulation.
Wie viele kleinere Galaxien gibt es?
„Frühere Schätzungen gingen davon aus, dass die Menge der lichtschwachen Galaxien im frühen Universum um das Hundert- bis Tausendfache größer ist als die Zahl der wenigen hellen Sternenansammlungen, die wir mit dem Hubble-Teleskop sehen können“, erklärt Erstautor Brian O’Shea von der Michigan State University.
Um das nachzuprüfen, entwickelten die Forscher ein Computermodell, das die Galaxienentwicklung und -verteilung im frühen Universum rekonstruiert. Um die Interaktionen von tausenden von Galaxien über Gravitation und Strahlung zu simulieren, benötigen sie die Rechenkraft eines der leistungsstärksten Supercomputer der Welt, dem Blue Waters Rechner der US National Science Foundation.
Abgeflacht statt exponentiell
Das Ergebnis: Bei den besonders großen und hellen Galaxien stimmte die Simulation sehr gut mit den Beobachtungen von Hubble und anderen Himmelsdurchmusterungen überein. Doch bei den lichtschwachen Galaxien sah dies ganz anders aus. Statt dass ihre Zahl exponentiell zunahm, je kleiner diese Sternenansammlungen waren, waren es deutlich weniger. Die Kurve flachte am kleinen Ende ab, statt stark anzusteigen, wie die Forscher berichten.
„Unsere Studie deutet daraufhin, dass es weitaus weniger lichtschwache Galaxien geben könnte als bisher angenommen“, sagt O’Shea. Demnach gibt es für jede helle Galaxie, die wir im fernen Universum sehen können, nicht tausende bisher unsichtbare lichtschwächere, sondern wahrscheinlich nur rund zehn.
Webb-Teleskop könnte Bestätigung liefern
Ob die Astronomen mit diesem Modell richtig liegen, könnte sich ab 2018 herausstellen. Denn dann wird das James Webb Weltraumteleskop der NASA ins All starten. Seine fortgeschrittene Optik und der 6,5 Meter-Spiegel werden es ihm ermöglichen, noch weiter ins All hinein zu blicken und auch schwächere Objekte als Hubble noch aufzuspüren.
Die Ergebnisse der Simulation könnten aber auch da behilflich sein. Denn das Webb-Teleskop sieht zwar sehr scharf, aber immer nur einen sehr kleinen Ausschnitt des Raums. Computermodelle der Galaxienverteilung helfen daher dabei, festzustellen, ob man zufällig eine besonders dichte oder leere Stelle sieht. „Ein tieferes Verständnis basierend auf der Theorie könnte nötig sein, um die Ergebnisse solcher Beobachtungen korrekt interpretieren zu können“, so O’Shea. (The Astrophysical Journal, 2015; doi: 10.1088/2041-8205/807/1/L12)
(Michigan State University, 02.07.2015 – NPO)