Buntes Unterwasserleuchten: Im Roten Meer haben Forscher Korallen entdeckt, die in verschiedensten Farben fluoreszieren. Fällt blaues Licht auf sie, beginnen sie bunt zu leuchten. Das Ungewöhnliche daran: Bisher kannte man eine solche Fluoreszenz nur von Flachwasser-Korallen, doch die jetzt entdeckten Leuchtkorallen leben in mehr als 50 Metern Tiefe und sind erstaunlich bunt, wie die Forscher im Fachjournal „PLoS ONE“ berichten.
Schon länger ist bekannt, dass die Flachwasser-Korallen vieler tropischer Riffe fluoreszieren: Sie schimmern grünlich, wenn UV-Licht auf sie fällt. Dieses Leuchten entsteht, wenn der energiereiche kurzwellige Lichtanteil der Sonne von bestimmten Proteinen in den Zellen der Korallen absorbiert wird. Den Korallen dienen diese Fluoreszenzproteine als Schutz vor zu viele Licht und vor UV-Schäden. Als Nebeneffekt geben die Proteine bei Anregung längerwelliges grünes oder rötliches Licht ab.
Buntes Glimmen am Riff
Jörg Wiedenmann von der University of Southampton und seine Kollegen haben nun eine solche Fluoreszenz erstmals auch bei Korallen aus tieferen Wasserschichten entdeckt. Im Roten Meer stießen sie auf Exemplare, die noch in mehr als 50 Metern Tiefe bei Lichteinfall zu leuchten begannen. Viele von ihnen fluoreszierten so stark, dass es schon ohne zusätzliche Beleuchtung deutlich sichtbar war, wie die Forscher berichten.
Die Korallen fluoreszierten in Farbtönen von grün über gelb bis rötlich. Ein solcher Regenbogen an Farben kam für die Forscher überraschend – zumal die Flachwasserkorallen im gleichen Riff nur grünlich leuchteten. „Weil nur der blaue Anteil des Sonnenlichts in Tiefe von mehr als 50 Metern vordringt, haben wir nicht erwartet, auch rote Farben zu sehen“, erklärt Koautorin Gal Eyal vom Interuniversity Institute for Marine Sciences in Israel.
Funktion des Leuchtens noch rätselhaft
Warum die Korallen in diesen Wassertiefen überhaupt fluoreszieren, ist bisher unklar. Weil dort kein UV-Licht mehr ankommt, kann es sich nicht um einen UV-Schutz handeln, wie bei den Flachwasserarten, so die Forscher. Laborversuche ergaben zudem, dass viele dieser mesophotischen Korallen das Leuchtpigment ständig produzieren, unabhängig davon, welche Lichtverhältnisse in ihrer Umgebung herrschen. Es gab jedoch auch einige Arten, die ja nach Lichteinfall ihre Farbe änderten.
„Diese Fluoreszenz aufrecht zu erhalten, kostet Energie“, erklären Wiedenmann und seine Kollegen. „Daher ist es sehr wahrscheinlich, dass die fluoreszierenden Pigmente auch bei diesen mesophotischen Korallen eine biologische Funktion besitzen – nur eine andere als den Lichtschutz.“ Möglicherweise soll das Leuchten den Riff-Fischen etwas signalisieren oder die Proteine erfüllen noch unbekannte biochemische Funktionen.
Neue Biomarker für medizinische Anwendungen
Die neu entdeckten Leuchtkorallen könnten aber auch der medizinischen und biochemischen Forschung neue Werkzeuge liefern. Denn die Fluoreszenzproteine von Quallen werden schon lange als Biomarker in der Medizin eingesetzt, für ihre Entdeckung gab es 2008 sogar den Nobelpreis. Mit den Fluoreszenzmarkern lassen sich beispielsweise Krebszellen in Geweben sichtbar machen, aber auch die Veränderungen von lebenden Gehirnzellen nachvollziehen.
Die nun entdeckten Fluoreszenzproteine der mesophotischen Korallen könnte dieses Biomarker-Arsenal noch erweitern. „Ihre optischen Eigenschaften machen sie zu potenziell wichtigen Werkzeugen für biomedizinischen Bildgebungsverfahren“, sagt Koautorin Cecilia D’Angelo von der University of Southampton. Vor allem die Pigmente, die je nach Lichteinfall ihre Farbe ändern, könnten ganz neue Anwendungen ermöglichen. (PloS ONE, 2015; (University of Southampton, 25.06.2015 – NPO)