Das schockt selbst das härteste Material der Welt: Forscher haben Schockwellen in einem Diamant ausgelöst und erstmals gefilmt, was dabei passiert. Ultrakurze Röntgenblitze dienten ihnen dabei als Kamera und Mikroskop zugleich. Sie enthüllten, dass selbst die kompakte Diamantstruktur bei einem solchen Schock noch einmal komprimiert wird, wie die Forscher im Fachmagazin „Scientific Reports“ berichten.
Diamanten sind „unvergänglich“ – sie gelten als eines der härtesten Materialien der Welt. Sie sind daher nicht nur für Schmuck beliebt, auch als Werkzeug, Datenleiter und sogar Lesekopf für künftige Quantencomputer eignen sie sich. Dennoch sind noch längst nicht alle Geheimnisse dieser Kohlenstoffkristalle ergründet.
Wie sich Diamant verhält, wenn er plötzlich extremem Druck ausgesetzt wird, haben Andreas Schropp vom Deutschen Elektronen Synchrotron (DESY) in Hamburg und seine Kollegen nun erstmals erforscht. „Mit der Untersuchung betreten wir ein neues wissenschaftliches Feld“, betont Schropp. „Erstmals können wir mit Röntgenbildgebung die lokalen Eigenschaften und die Dynamik von Materie unter extremen Bedingungen quantitativ bestimmen.“
Laser als Schocker, Röntgenblitze als Kamera
Für ihre Pilotstudie durchleuchteten die Forscher kleine Diamantstifte mit dem derzeit stärksten Röntgenlaser der Welt, der Linac Coherent Light Source (LCLS) in Kalifornien. Sie liefert Röntgenblitze, die nur 50 Femtosekunden lang sind und selbst schnellste Bewegungen in einem Standbild einfrieren können. Ein neu entwickelter Detektor fing die Röntgenblitze nach Durchstrahlen der Diamantprobe auf und macht dabei bis zu 500 Nanometer kleine Strukturdetails noch sichtbar.
Um die Schockwelle auszulösen, beschossen die Forscher die Seite des Diamanten mit einem ultrakurzen Puls eines starken Infrarotlasers. Dieser Puls übertrug eine Leistung von bis zu zwölf Terawatt pro Quadratzentimeter und löste eine Schockwelle aus, die mit rund 72.000 Kilometern pro Stunde quer durch den Diamanten raste. Weil die Probe gleichzeitig von den Röntgenblitzen bestrahlt wurde, konnten die Wissenschaftler beobachten, was während dieses Schocks im Diamant geschah.
Um zehn Prozent komprimiert
Wie sich zeigte, presst die heftige Schockwelle den Diamanten lokal um knapp zehn Prozent zusammen. Angesichts der ohnehin schon sehr kompakten Kristallstruktur des Diamants ist das nicht gerade wenig. Während ihrer Passage durch den Kristall dehnte sich die Schockfront zudem aus. Für die Materialforscher besonders spannend war zudem das in diesen Aufnahmen sichtbare komplexe Verhalten des Kristalls hinter der vordersten Schockfront.
„Zum ersten Mal haben wir auf direktem Weg mit Röntgenstrahlen Schockwellen in Diamanten abgebildet“, sagt Jerome Hastings vom SLAC. Das eröffne neue Perspektiven auf das dynamische Verhalten von Diamant unter Hochdruck. Die eingesetzte Methode kann aber auch für beliebige andere feste Stoffe, etwa Eisen oder Aluminium, eingesetzt werden. (Scientific Reports, 2015; doi: 10.1038/srep11089)
(DESY, 18.06.2015 – NPO)