Nanotechnologie

Dünnste Glühlampe der Welt erzeugt

Graphen-Filament auf einem Chip wird durch Strom zum Licht-Emitter

Ein Graphenfilament zwischen zwei Elektroden - so sieht die Nano-Glühlamüpe aus © Young Duck Kim/ Columbia Engineering

Nur ein Atom dick: Forscher haben erstmals ein ultradünnes Graphen-Filament zum Leuchten gebracht. Sie heizten es durch Strom auf, bis es begann, Licht im sichtbaren Bereich abzugeben. Das Besondere daran: Weil die Hitze dieser „kleinsten Glühlampe der Welt“ extrem lokal bleibt, kann diese in einen Mikrochip montiert werden, ohne ihn zu schädigen. Das bereitet den Weg zu neuen ultradünnen Displays und Photonik-Anwendungen, wie die Forscher im Fachmagazin „Nature Nanotechnology“ berichten.

Graphen gilt schon länger als Tausendsassa du Hoffnungsträger für zukünftige Elektronik: Das nur ein Atom dicke „Wundermaterial“ ist flexibel, leitet Elektronen je nach Konfiguration auf spezielle Weise und würde sich beispielsweise als Lesekopf für einen zukünftigen Quantencomputer oder als Bauelement elektronischer Schaltungen eignen.

Hängende Graphendrähte

Ein Manko hatte das Graphen jedoch bisher: Es gelang nicht, ihm mehr als nur infrarotes Licht zu entlocken – und das auch nur sehr ineffizient. Für photonische Anwendungen aber wäre es wichtig, auch Licht im sichtbaren Bereich zu produzieren. Denn dann könnte das Graphen beispielsweise in optischen Computern als Signalgeber eingesetzt werden.

Young Duck Kim von der Columbia University in New York und seine Kollegen haben nun eine Methode gefunden, das Graphen effektiv zu Leuchten zu bringen. Ihr Trick dabei: Im Gegensatz zu früheren Versuchen befestigten sie das Graphen-Filament nicht direkt auf dem Substrat, sondern hängten es frei schwebend zwischen zwei Metallelektroden über dem Chipsubstrat auf.

Das vom Graphen auf dem Chip emittierte licht ist intensiv, die Hitze aber extrem lokal © Young Duck Kim/ Columbia Engineering

Glühdraht im Atommaßstab

„Dieses freihängende Graphen ist größtenteils immun gegenüber der unerwünschten vertikalen Wärmeübertragung und Streueffekten“, berichten die Forscher. Leitet man Strom hindurch, heizt sich das Graphenfilament auf gut 2.500 Grad Celsius auf und beginnt zu glühen. „Das Licht von diesem atomdünnen Graphenstreifen ist so intensiv, dass es selbst mit bloßem Auge ohne Vergrößerung sichtbar ist“, sagt Kim.

Das Prinzip dieser Graphen-Lampe ist dabei die gleiche wie bei einer herkömmlichen Glühbirne – nur extrem miniaturisiert. Im Prinzip kehren die Forscher damit sogar zu den Wurzeln der allerersten Glühlampe zurück: „Thomas Edison nutzte ursprünglich Kohle als Filament für seine Glühbirne und wir gehen nun zum selben Element zurück – nur dass wir es mit dem Graphen in seiner reinsten Form nutzen und im kleinstmöglichen Maßstab – nur ein Atom dick“, sagt Koautor Yun Daniel Park von der Seoul National University.

Das winzige Lichtpünktchen des Nano-Graphen-Filaments ist mit bloßem Auge sichtbar © Young Duck Kim/ Columbia Engineering

Hitze bleibt lokal

Trotz der enormen Hitze im leuchtenden Graphen-Filament überträgt sich diese jedoch kaum auf die unmittelbare Umgebung – anders als bei herkömmlichen Glühbirnen. „Die thermische Leitfähigkeit des Graphens bei hohen Gittertemperaturen ist stark reduziert, dadurch werden die heißen Elektronen im Zentrum des hängenden Graphens lokalisiert“, berichten die Forscher. Die „Graphenlampe“ lässt sich dadurch auf einem Chip anbringen, ohne dass dessen Komponenten von der Hitze beschädigt werden.

Ein weiterer Vorteil: Das vom Graphen abgegebene Licht tritt mit dem Substrat in eine optische Wechselwirkung: Es wird vom Substrat zurückgeworfen und tritt dann in Interferenz mit dem Graphenlicht. Je nach Abstand vom Substrat lassen sich daher gezielt bestimmte Peaks im Wellenspektrum der Strahlung erzeugen. „Das funktioniert nur, weil das Graphen im Gegensatz zu anderen Glühdrähten transparent ist“, sagt Kim.

Nutzbar für Displays und optische Kommunikation

Nach Ansicht der Forscher hat die neuartige Graphenlampe gleich eine Reihe von Anwendungsmöglichkeiten. „Dieser neue Typ von Breitband-Lichtemittern kann beispielsweise in Chips integriert werden“, sagt Koautor James Hone von der der Columbia University. „Das bereitet den Weg für atomdünne, flexible und transparente Displays und graphenbasierte optische On-Chip Kommunikation.“

Die Forscher sind zurzeit dabei herauszufinden, wie schnell sich die „Graphenlampe“ ein und ausschalten lässt, um damit Bits für optische Kommunikation zu erzeugen. Außerdem arbeiten sie bereits daran, den Graphenemitter auch in flexible Substrate zu integrieren. „Wir träumen aber auch schon von anderen Anwendungen dieser Strukturen – beispielswiese als Mikro-Heizplatten, mit denen man Hochtemperatur-Reaktionen in der Chemie oder Katalyse erforschen kann“, sagt Hone. (Nature Nanotechnology, 2015; doi: 10.1038/nnano.2015.118

(Columbia University, 16.06.2015 – NPO)

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