Zum ersten Mal haben Forscher die wahre Form der rätselhaften „Zebrastreifen“ im Strahlengürtel der Erde enthüllt. 3D-Aufnahmen mit Radioteleskopen zeigen, dass diese Streifen in Wirklichkeit gewaltige, gebogene Plasmaröhren sind, die rund 600 Kilometer über der Erdoberfläche ein erstaunlich regelmäßiges Muster bilden. Wie sie entstehen, ist weiterhin nur in Teilen bekannt, ihre genaue Anordnung und Struktur aber haben die Forscher damit erstmals sichtbar gemacht.
Die Erde ist von einem mehrteiligen Ring aus energiereichen Teilchen und Strahlen umgeben, dem sogenannten Van Allen Gürtel. Er entsteht, weil das Erdmagnetfeld Partikel des Sonnenwinds einfängt und in Bahnen um die Erde zwingt. Teile dieser Hülle wirken wie ein Plasmaschild, der energiereiche Teilchen vor dem Eindringen in tiefere Schichten bewahrt.
Schon vor einiger Zeit entdeckten Forscher im inneren Bereich dieses Gürtels rätselhafte „Zebrastreifen“ – regelmäßige Muster im Plasma, die durch Dichteunterschiede der umherrasenden Elektronen entstehen. Erste Modelle deuteten darauf hin, dass sie durch einen Resonanzeffekt zwischen der Drift der Elektronen und dem elektromagnetischen Feld der Erde gebildet werden.
Röhren aus Plasma
Die genaue Struktur dieser Streifen blieb aber unklar. Cleo Loi von der University of Sydney und ihre Kollegen haben diese Zebrastreifen im Plasma nun mit Hilfe des Murchison Widefield Array (MWA) in Westaustralien genauer untergesucht. Dieses Radioteleskop besteht aus 128 Teilantennen und kann besonders schnell aufeinanderfolgende Aufnahmen erstellen – dadurch konnten die Forscher sogar die zeitlichen Veränderungen der Plasmastreifen einfangen.
„Wir sahen ein auffallendes Muster im Himmel, bei dem sich Streifen von hochdichtem Plasma mit weniger dichten Streifen abwechselten“, berichtet Loi. „Dieses Muster driftete langsam und orientierte sich dabei an den Linien des Erdmagnetfelds – fast wie ein Polarlicht.“ Die rätselhaften Zebrastreifen entpuppten sich bei näherer Beobachtung als Plasmaröhren – riesige gebogene Bögen, die hoch über der Erdoberfläche den Himmel füllen. „Seit mehr als 60 Jahren haben Forscher vermutet, dass es diese Strukturen gibt – wir haben sie nun erstmals direkt sichtbar gemacht“, sagt Loi.
Erste Aufnahmen in Echtzeit und 3D
Mit dem Array gelang es den Forschern auch erstmals, die dreidimensionale Struktur dieser Plasmastreifen einzufangen und zu analysieren. Dafür verarbeiteten die Wissenschaftler die Signale der östlichsten und westlichsten Antennen getrennt, so dass die winzige Parallaxenverschiebung Aufschluss über die räumliche Tiefe gab.
„Das ist als wenn man das Teleskop zu einem Paar Augen umfunktioniert“, erklärt Loi. „Dadurch konnten wir den Abstand zwischen den Streifen, ihre Höhe über dem Grund und ihre Inklination genau erfassen – das war zuvor nicht möglich.“ Die Plasmaröhren liegen demnach in etwa 600 Kilometern Höhe in der oberen Ionosphäre, reichen aber bis in die Plasmasphäre hinauf. Sie sind zudem erstaunlich regelmäßig angeordnet und folgen in ihrer Ausrichtung den Feldlinien des Erdmagnetfelds. (Geophysical Research Letters, 2015; doi: 10.1002/2015GL063699)
(University of Sydney, 02.06.2015 – NPO)