Rätselhafte Verdauung: Wie ernähren sich Koalas von so ungünstigem Futter wie Eukalyptusblättern? Spezialisierte Darmbakterien helfen den Beuteltieren offenbar nicht dabei – ganz entgegen bisheriger Annahmen. Die Menge der in den Tieren gefundenen Bakteriengattungen ist zwar größer als erwartet, die Darmflora der Koalas unterscheidet sich aber kaum von der anderer Säugetiere, schreiben Forscher im Magazin „Scientific Reports“.
Koalas ernähren sich auf eine einzigartige Weise: Sie fressen fast ausschließlich die Blätter des Eukalyptusbaumes, der ihnen die meiste Zeit auch als Wohnort und Klimaanlage dient. Aus biologischer Sicht erscheinen Eukalyptusblätter jedoch als sehr ungünstiges Futter. Sie enthalten kaum Nährstoffe, stattdessen aber reizende ätherische Öle und viele Verbindungen, die für die meisten anderen Tiere giftig sind. So müssen die Koalas zwar kaum Konkurrenz befürchten – es ist aber auch weitgehend unklar, wie die Tiere von dieser Diät leben können.
Keine Spezialisten in der Darmflora
Spezielle Darmbakterien, die den Koalas bei der Verdauung der Eukalyptusblätter helfen, galten bislang als die wahrscheinlichste Erklärung. Aus diesem Grund haben Wissenschaftler um Niccoló Alfano vom Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung (IZW) in Berlin die Darmflora von Koalas genauer untersucht.
Mittels Hochdurchsatz-DNA-Sequenzierung analysierten sie, welche und wie viele Bakterienarten die Beuteltiere in ihren Verdauungsorganen beherbergen. Dazu verwendeten die Forscher nicht nur die bei solchen Verfahren üblichen Kotproben, sondern auch Darmabstriche von sowohl wilden Koalas als auch Zootieren.
Das Ergebnis war jedoch überraschend: Die Darmflora der Koalas ist derjenigen anderer Säugetiere bemerkenswert ähnlich – von spezialisierten Eukalyptusfressern keine Spur. Die Kotproben enthielten 15 verschiedene Bakteriengattungen, vor allem aus den taxonomischen Stämmen der Firmicutes und Bacteroidetes.
Unvollständiges Bild aus Kotproben?
Die Darmabstriche brachten eine weitere Überraschung: Sie enthielten alle 15 Gattungen aus den Kotproben, darüber hinaus jedoch noch 26 weitere Gattungen, auch aus den Stämmen der Aktinobakterien und Proteobakterien. Kotproben zeigen demnach nur einen Bruchteil der tatsächlich vorhandenen Bakteriengemeinschaft an. Biologen bevorzugen solche Proben jedoch, da sie einfach zu erhalten sind und die Probennahme den Tieren keinen Stress verursacht. Für manche Untersuchungen müsste diese Methode jedoch überdacht werden, meinen die Forscher.
Allerdings lösten auch die in den Abstrichen zusätzlich gefundenen Bakteriengattungen nicht das Rätsel der Eukalyptus-Verdauung. Der Vergleich zwischen wilden Koalas und den Tieren in Gefangenschaft zeigte außerdem keine bedeutenden Unterschiede. Diese ähnlichen Bakterienprofile deuten den Forschern zufolge darauf hin, dass das Leben im Zoo zumindest die mikrobielle Gesundheit der Koalas nicht beeinträchtigt. (Scientific Reports, 2015; doi: 10.1038/srep10189)
(Forschungsverbund Berlin e.V., 13.05.2015 – AKR)