Geowissen

Yellowstone: Supervulkan hat zweites Reservoir

Unteres Magma-Reservoir ist viermal größer als das obere

Dass der Yellowstone-Supervulkan noch aktiv ist, zeigen die vielen Geysire und heißen Quellen im Park, hier der Grand Prismatic Spring © Robert B. Smith and Lee J. Siegel

Verborgene Glut: Tief unter der Magmakammer des Yellowstone-Vulkans liegt noch eine zweite, viel größere. In diesem schlummern 45.000 Kubikkilometer teilweise geschmolzenes Magma – viermal so viel wie in der besser bekannten oberen Kammer, wie Forscher im Fachmagazin „Science“ berichten. Ihre erste komplette Kartierung des Vulkan-Innenlebens klärt auch, auf welchem Weg der Supervulkan seinen Magma-Nachschub vom Hotspot bekommt.

Der Supervulkan unter dem Yellowstone Park ist noch heute aktiv, davon zeugen Hebungen des Untergrunds, kleinere Beben und austretende Gase. Würde er heute ausbrechen, wären weite Teile Nordamerikas mit Asche bedeckt, zehntausende Menschen würden durch Lava, Gesteinsbrocken und Asche umkommen. Unter anderem deshalb steht der Supervulkan unter ständiger Beobachtung.

„Missing Link“ zwischen Vulkan und Hotspot

Wie es in seinem Inneren aussieht, war bisher aber nur zum Teil bekannt. Bereits 2011 hatten seismische Messungen gezeigt, dass der Yellowstone-Hotspot größer ist als zuvor gedacht und dass er nordwestlich der Caldera aus dem Erdmantel schräg nach oben steigt. Die pfannenförmige Magmakammer des Supervulkans liegt 5 bis 15 Kilometer tief unter der Caldera und fasst rund 10.000 Kubikkilometer Magma.

Doch wie Hotspot und Magmakammer verbunden sind, blieb unklar. „Diese Verbindung ist aber eine kritische Komponente, um das magmatische System des Yellowstone-Vulkans zu verstehen“, erklären Hsin-Hua Huang von der University of Utah und seine Kollegen. Denn das obere Reservoir alleine könne die großen Mengen an vulkanischem Kohlendioxid nicht erklären, die täglich aus dem Untergrund entweichen.

Das Innenleben des Yellowstone-Supervulkans © Hsin-Hua Huang/ University of Utah

45.000 Kubikkilometer Magma

Mit Hilfe einer seismischen Durchleuchtung haben die Forscher erstmals ein Bild dieser verborgenen Verbindung gewonnen. Für diese Kartierung nutzen sie zum einen Daten eines lokalen Netzwerks von Bebenmessstationen, die vor allem Bebenwellen in flacheren Bereichen der Erdkruste auffangen. Zum anderen werteten sie Daten des Earthscope-Netzwerks aus, deren über die USA verteilte Stationen auch die seismische Struktur tiefere Krustenbereiche abbilden kann.

Wie sich zeigte, gibt es in 20 bis 50 Kilometern Tiefe eine große Zone, in der die Erdbebenwellen abgebremst werden. „Das zeigt, dass hier ein weiteres Magma-Reservoir liegt“, so die Forscher. Die tropfenförmige Kammer hat einen Durchmesser von 50 mal 70 Kilometern und ist rund 35 Kilometer dick. Sie fasst rund 45.000 Kubikkilometer Magma – das ist das Vierfache der oberen Magmakammer.

Heißer Schwamm mit glutgefüllten Poren

Entgegen landläufiger Ansicht sind die Magma-Reservoire des Yellowstone-Vulkans nicht mit flüssiger Gesteinsschmelze gefüllt. Stattdessen ähnelt das Magma eher einem heißen, schwammähnlichen Gebilde, in dem kleinere Kammern mit glutflüssigem Gestein liegen. Der flüssige Anteil liegt dabei in der oberen Kammer bei rund neun Prozent, in der untern sogar nur bei rund zwei Prozent, wie die neuen Messungen ergaben.

Zusammen erreichen die glutflüssigen Anteile allein ein Volumen von rund 1.800 Kubikkilometern. „Das entspricht etwa dem Volumen an Material, das bei den drei letzten großen Ausbrüchen des Supervulkans ausgeschleudert wurde“, erklären Huang und seine Kollegen. Bei diesen Ausbrüchen vor 2,1 und 1,3 Millionen Jahren sowie vor 640.000 Jahren spie der Yellowstone jeweils zwischen 280 und 2.500 Kubikkilometer Lava und Asche.

CO2-Rätsel gelöst

Das zweite Magma-Reservoir liefert auch die lange gesuchte Erklärung, woher die gewaltigen Mengen an CO2 kommen, die täglich aus den unzähligen Spalten, Löchern und Geysiren des Yellowstone-Parks dringen. Über Risse im Untergrund steigt das vulkanische Gas aus dem unteren Reservoir in die nur wenige Kilometer darüber liegende obere Magmakammer auf. Von dort wird es dann durch weitere Risse in der Kruste freigesetzt.

Das untere Reservoir liefert der oberen Kammer aber nicht nur Nachschub an gashaltigem Magma, es wird auch selbst durch ein System von Spalten und Rissen gespeist, die es mit dem tiefer liegenden Hotspot im Erdmantel verbinden. „Zum ersten Mal sehen wir damit das komplette vulkanische Leitungssystem unter dem Yellowstone-Vulkan“, sagt Huang. „Die Kartierung des tiefer liegenden Magma-Reservoirs liefert uns das Missing Link zwischen dem Hotspot und der Magmakammer in der oberen Erdkruste.“

Ausbruchsrisiko besser abschätzbar

Die neuen Messungen tragen dazu bei, diesen Supervulkan und das von ihm ausgehende Risiko besser zu verstehen. Zwar macht das zweite Reservoir das Ausbruchsrisiko nicht größer, wie die Forscher betonen. Es ist nun aber leichter, die an der Oberfläche auftretenden Phänomene wie Erdbeben oder Hebungen mit den Prozessen im Untergrund in Verbindung zu bringen.

„Die Gefahr bleibt die gleiche, jetzt haben wir aber ein besseres Verständnis des gesamten Magmasystems“, sagt Koautor Robert Smith von der University of Utah. Im Moment gibt es keine Anzeichen dafür, dass der Yellowstone-Supervulkan in absehbarer Zeit ausbrechen wird. Geht man aber nach seinen bisherigen Ausbruchszyklen, müsste eine Eruption eigentlich bald fällig sein. (Science, 2015; doi: 10.1126/science.aaa5648)

(University of Utah, 24.04.2015 – NPO)

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