Paläontologie

Dinos: Ein anderer Look für „Sie“ und „ihn“

Stegosaurier liefern Beleg für Geschlechtsdimorphismus bei Dinosauriern

Stegosaurus-Skelett - auffallend sind die Rückenplatten. © iStock.com

Die Rückenplatten haben es verraten: Auch bei Dinosauriern gab es äußere Unterschiede zwischen Männchen und Weibchen. Den ersten Beleg für einen solchen Geschlechtsdimorphismus liefern nun die Rückenplatten von in Utah entdeckten Stegosaurus-Fossilien. Bei diesen tragen einige Tiere große, breite Platten, andere dagegen kleinere, schmalere. Da alle Tiere gleich alt sind und zur gleichen Art gehören, sind Geschlechtsunterschiede die stichhaltigste Erklärung.

Männchen und Weibchen sehen unterschiedliche aus – das ist bei heutigen Tieren fast normal. Diesen Geschlechtsdimorphismus bei ausgestorbenen Tierarten nachzuweisen, ist aber schwierig. Denn oft sind nur wenige fossile Exemplare einer Art bekannt, manchmal sogar nur Teile eines Skeletts. Und wenn sich zwei Funde in einem oder wenigen Merkmalen unterscheiden, dann könnte dies auch daran liegen, dass es schlicht zwei verschiedene Arten oder aber ein Jungtier und ein adultes sind.

Fünf neue Stegosaurus-Skelette

„Aus diesem Grund gibt es bis heute keine eindeutigen Belege für einen sexuellen Dimorphismus bei den Dinosauriern“, erklärt Evan Saitta von der University of Bristol. Doch nun ist dem Paläontologen das Ausgrabungsglück zu Hilfe gekommen. Denn im US-Bundesstaat Montana stießen er und seine Kollegen auf fünf neue Exemplare der Art Stegosaurus mjosi. Typisch für diese Dinosaurier sind eine Reihe von aufrecht stehenden Platten auf dem Rücken und zwei Paare von langen Stacheln an der Schwanzspitze.

Nähere Untersuchungen zeigten, dass alle fünf Exemplare vor rund 150 Millionen Jahren zur gleichen Zeit starben, sie liegen eng nebeneinander in der gleichen Gesteinsschicht, wie der Forscher berichtet. Das Besondere dabei: Einige dieser Stegosaurier tragen breite, abgerundete Rückenplatten, bei den anderen sind sie kleiner und eher langgestreckt

Vermutlich waren die Stegosaurus-Männchen diejenigen mit den größeren Rückenplatten © Evan Saitta

Am Alter liegt es nicht

Um herauszufinden, was hinter diesen Unterschieden steckt, ging Saitta geradezu detektivisch vor: Er analysierte sowohl das physiologische Alter als auch andere Skelettmerkmale der Fossilien um so alle „Verdächtigen“ – sprich Erklärungsmöglichkeiten – für diese Unterschiede zu prüfen. Wie er erklärt, spricht das Fehlen von Zwischenformen und -größen dagegen, dass es sich um eine nicht geschlechtsbedingte innerartliche Variation handelt. „Dann würde man solche Zwischenformen erwarten“, so Saitta.

Weil beide Varianten zudem bei eindeutig ausgewachsenen Tieren auftreten, kann es sich auch nicht um altersbedingte Unterschiede handeln. „Platten beider Formen finden sich sowohl bei sexuell ausgereiften, jungen Erwachsenen als auch bei älteren Adulten“, berichtet der Forscher. „Eine Form könne daher nicht einfach die unreife Variante der anderen sein.“

Keine verschiedenen Arten

Und die breiten und schmalen Rückenplatten gehörten auch nicht zu zwei verschiedenen Arten von Stegosauriern, wie Saitta erklärt. „Die Position der Funde deutet darauf hin, dass die Individuen gemeinsam starben“, so der Forscher. Das spreche dafür, dass sie auch zu Lebzeiten miteinander koexistierten und wahrscheinlich eine soziale Gruppe bildeten.

Würden sie zu zwei verschiedenen Arten gehören und trotzdem am gleichen Ort zur gleichen Zeit vorkommen, dann müsste es weitere Unterschiede bei den Fossilien geben. Denn eine solche Koexistenz verschiedener Arten funktioniert nur dann, wenn beide eine leicht unterschiedliche Nische realisieren – beispielsweise indem sie eine andere Nahrung fressen. „In einem solchen Fall würden wir bei den Fossilien Merkmale erwarten, die diese Einnischung widerspiegeln“, sagt Saitta. „Aber stattdessen bestand der einzige Unterschied zwischen den Fossilien in den Rückenplatten.“

Vermutlich waren die Stegosaurier nicht die einzigen Dinos mit Geschlechtsdimorphismus - hier ein Stegosaurus-Modell aus dem Dino-Park Münchehagen © GermanOle / CC-by-sa 3.0

Klarer Fall von Geschlechtsdimorphismus

Nach Ansicht von Saitta lässt dies nur einen Schluss zu: Bei den Stegosauriern mit den verschiedenen Rückenplatten handelt es sich um Männchen und Weibchen – und damit um den ersten eindeutig dokumentierten Fall von Geschlechtsdimorphismus bei Dinosauriern. „Wenn alle alternativen Hypothesen ausgeschlossen sind, dann ist der sexuelle Dimorphismus die wahrscheinlichste Erklärung“, so der Forscher.

Zwar lässt sich bisher nicht feststellen, wer welche Platten trug, aber Saitta wagt eine Vermutung: „Da Männchen typischerweise mehr in ihre Ornamentierung investieren, stammen die breiteren, größeren Platten wahrscheinlich von Männchen.“ Der auffallende Rückenkamm könnte ihnen zum Imponieren und zum Anlocken von Weibchen gedient haben. Die Weibchen trugen dagegen schmalere Platten, die zwar weniger hermachten, aber eine gute Verteidigung gegen Raubsaurier gewesen sein könnten. (PLOS ONE, 2015; doi: 10.1371/journal.pone.0123503)

(PLOS, 23.04.2015 – NPO)

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