Vom Blitz getroffen: Die charakteristischen Radiosignale kosmischer Strahlung könnten helfen, Blitze und Gewitter besser zu verstehen. Denn Forschern ist es gelungen, aus diesem Rauschen wertvolle Informationen über das Innenleben der Gewitterwolken zu gewinnen.
Damit wollen die Wissenschaftler den Ursprung von Blitzen erklären und auch die Wettervorhersage verbessern, schreiben sie im Fachmagazin „Physical Review Letters“.
Blitze während eines Gewitters sind ein beeindruckendes Naturschauspiel – wie und vor allem wann sie entstehen ist jedoch in vieler Hinsicht noch unklar. Gewitterwolken zu erforschen ist schwierig: Flugzeuge, Ballons oder kleine Raketen können zwar in eine Wolke vorstoßen, sie erfassen dabei aber nur ihre direkte Umgebung. Außerdem beeinflussen die Fluggeräte selbst das elektrische Feld in der Wolke und können so die Messung verfälschen. Hinzu kommen aufgrund der hohen elektrischen Spannung besondere Ansprüche an die Messelektronik.
Hochenergetische Teilchen aus Sternenexplosionen
Energiereiche kosmische Teilchen könnten einen Ausweg liefern: Sie entstehen beispielsweise bei Sternenexplosionen und treffen andauernd auf die Erdatmosphäre. Beim Aufprall erzeugen die hochenergetischen Partikel einen ganzen Schauer von Elementarteilchen. Diese Teilchenschauer lassen sich durch typische Radiosignale nachweisen – und sie könnten auch Informationen über das elektrische Feld eines Gewitters liefern, weil diese das Verhalten der Teilchen beeinflussen.
Radioteleskope bleiben allerdings bei Gewitter normalerweise abgeschaltet, um die Elektronik zu schützen.
Beim niederländischen System LOFAR ist das anders: Es ist kein einzelnes Radioteleskop, sondern ein Array aus über 10.000 relativ kleinen Antennen. Damit lässt sich zwar auch während eines Gewitters messen – allerdings waren die erhaltenen Daten bisher praktisch unbrauchbar. „Wir haben sie zwar nicht weggeworfen, aber auch nicht analysiert“, sagt Pim Schellart von der Radboud Universität in Nijmegen.
Mehrere Hundert Millionen Volt
Das änderte sich jedoch, als die Forscher zusammen mit Astrophysikern und Gewitter-Experten ein Computermodell erstellten und dieses mit den Daten fütterten. „Wir haben modelliert, wie das elektrische Feld eines Gewitters die unterschiedlichen Messergebnisse verursachen kann“, erklärt Erstautor Schellart. Die veränderten Radio-Emissionen liefern dadurch viele Informationen über diese Felder. Da sie sich außerdem annähernd mit Lichtgeschwindigkeit bewegen, bieten sie praktisch augenblicklich ein Abbild der ganzen Gewitterwolke.
„Wir konnten sogar die Stärke des elektrischen Feldes in einer bestimmten Höhe der Wolke bestimmen“, so Schellart weiter. Die Feldstärken können demnach bis zu 50 Kilovolt pro Meter betragen. Über eine Gewitterzelle von mehreren Kilometern kommen so mehrere hundert Millionen Volt zusammen: Eine Gewitterwolke enthält gewaltige Mengen an Energie.
Möglicherweise kann diese neue Methode des Vermessens von Gewitterwolken dazu beitragen, Blitze besser zu verstehen und die Wettervorhersagen zu verbessern. Das ist auch das Ziel von Studienleiter Heino Falcke. „Wir hoffen darauf, dass wir unsere Modelle noch viel weiter entwickeln können, um eine schon sehr alte Frage beantworten zu können: Wie entstehen eigentlich Blitze?“ (Physical Review Letters, 2015; in press)
(Radboud University, 22.04.2015 – AKR)