Astronomie

Rätsel um Kalten Fleck gelöst?

Eine neu entdeckte leere Zone im All könnte kalte Stelle im kosmischen Hintergrund erklären

Der Kalte Fleck (Kreis) hebt sich deutlich von den sonstigen Fluktuationen in der kosmischen Hintergrundstrahlung ab - hier in der Karte des Planck-Satelliten. © ESA Planck Collaboration

Gigantische Anomalie: Ein riesiger kalter Fleck im kosmischen Mikrowellen-Hintergrund gibt seit Jahren Rätsel auf. Jetzt könnten Astronomen eine Erklärung gefunden haben: eine gigantische fast leere Zone im All, die direkt vor dem kalten Fleck liegt. Sie ist 1,3 Milliarden Lichtjahre groß und damit die größte kosmische Struktur, die jemals beobachtet wurde, wie die Forscher berichten. Diese „Super-Leere“ könnte die Hintergrundstrahlung so beeinflussen, dass der Eindruck eines kalten Flecks entsteht.

Der „Kalte Fleck“ gibt seit mehr als zehn Jahren Rätsel auf. Denn in ihm liegt die Temperatur des kosmischen Mikrowellenhintergrunds deutlich unter denen des sonstigen kosmischen Mikrowellenhintergrunds. Auch die normalen Fluktuationen der Hintergrundstrahlung können ein so großes, ungewöhnlich kaltes Gebiet im All nicht erklären. „Das ist die größte Einzelstruktur, die die Menschheit jemals entdeckt hat“, erklärt Istvan Szapudi von der University of Hawaii in Manoa. „Die Erklärungen dafür reichen von einem statistischen Fehler bis hin zu bisher unentdeckter Physik.“

Neue Physik oder Vordergrundstruktur?

Wäre der Kalte Fleck wie die restliche Hintergrundstrahlung kurz nach dem Urknall entstanden, dann könnte es ein Zeichen für bisher unbekannte Prozesse in dieser frühen Urzeit des Kosmos sein. Theoretisch wäre es aber auch möglich, dass der Fleck durch sekundäre Effekte verursacht wird, beispielsweise Strukturen im kosmischen Vordergrund, die die Hintergrundstrahlung auf ihrem Weg zu uns verändern.

Tatsächlich haben Astronomen in früheren Himmelsdurchmusterungen erste Anzeichen dafür entdeckt, dass es im Kosmos in Richtung des Kalten Flecks weniger Sterne und Galaxien gibt als normal. Eindeutig bestätigen ließ sich das jedoch nicht. Szapudi und seine Kollegen haben deshalb diese Himmelsregion nun mit Hilfe des Pan-STARRS-Teleskops auf Hawaii im sichtbaren Licht und mit dem WISE-Satelliten der NASA in Infrarotbereich genauer untersucht.

Die von Szapudi und Co mit Hilfe von Pan-STARRS entdeckte leere Zone © ESA Planck Collaboration

„Das kann kein Zufall sein“

Das Ergebnis bestätigt nun frühere Vermutungen: Die Astronomen entdeckten vor dem Kalten Fleck eine gewaltige leere Zone im Weltall. „Die Größe dieser wenig dichten Zone ist überraschend groß: Sie erstreckt sich über bis zu 20°“, so Szapudi und seine Kollegen. In diesem 1,8 Milliarden Lichtjahre großen Bereich liegt die Dichte der Galaxien, aber auch die Konzentration der Dunklen Materie deutlich unter dem sonst im Universum üblichen.

Die „Super-Leere“ beginnt in rund drei Milliarden Lichtjahren Entfernung von uns – und ist uns damit gemessen am gesamten Kosmos sogar relativ nah. „Es ist sehr unwahrscheinlich, dass zwei so seltene Objekte wie der Kalte Fleck und diese unterdichte Zone nur zufällig genau in der gleichen Richtung liegen“, konstatieren die Forscher. „Eine kausale Beziehung zwischen beiden hat dagegen eine Wahrscheinlichkeit von etwa 1:20.000.“

„Super-Leere“ manipuliert Hintergrundstrahlung

Wie sie erklären, kann eine so massearme Stelle im Kosmos durchaus erklären, warum der kosmische Mikrowellen-Hintergrund in diesem Gebiet kälter erscheint als anderswo. Wenn die kosmische Hintergrundstrahlung diese riesige massearme Zone durchquert, verliert sie Energie, wie die Forscher erklären. Dieser sogenannte Integrated Sachs-Wolfe (ISW) macht sich dann in unseren Messungen als kalte Stelle im Mikrowellen-Hintergrund bemerkbar.

Allerdings: Nach den bisherigen Messungen kann die „Super-Leere“ nur eine scheinbare Abkühlung von rund 20 Mikrokelvin bewirken – der Kalte Fleck ist aber um rund 70 Mikrokelvin kühler als der restliche Mikrowellenhintergrund. „Der Effekt könnte aber um einen Faktor oder ein paar höher liegen, wenn die leere Zone größer ist“, sagen Szapudi und seine Kollegen. „Unsere Ergebnisse deuten auf eine Verbindung der leeren Zone mit dem Kalten Fleck hin, aber weitere Studien sind nötig, um das eindeutig zu bestätigen.“ (Monthly Notices of the Royal Astronomical Society, 2015; doi: 10.1093/mnras/stv488)

(Royal Astronomical Society, 21.04.2015 – NPO)

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