Physik

Theorie der starken Wechselwirkung bestätigt

Ursachen für Massendifferenz zwischen Neutron und Proton erstmals genau bestimmt

Nur weil das Neutron ein ganz klein wenig schwerer ist als das Proton, haben Atomkerne genau die Eigenschaften, die unsere Welt und letztlich unsere Existenz ermöglichen. © Bergische Universität Wuppertal

Entscheidender Unterschied: Wäre das Proton nicht ein wenig leichter als das Neutron, würde unser Universum völlig anders aussehen. Wie diese winzige Massendifferenz zustande kommt, haben Forscher nun erstmals genau berechnet. Das Ergebnis bestätigt die Theorie der starken Wechselwirkung und zeigt, wie fein abgestimmt unser Universum bis in seine kleinsten Bausteine ist, so die Physiker im Fachmagazin „Science“.

Die Existenz und Stabilität von Atomen hängt ganz entscheidend davon ab, dass Neutronen etwas schwerer sind als Protonen. Die experimentell ermittelten Massen unterscheiden sich nur um etwa 1,4 Promille. Würde die Differenz nur ein wenig davon abweichen, so ergäbe sich ein völlig anderes Universum mit zu vielen Neutronen, zu wenig Wasserstoff oder einem Mangel an schweren Elementen.

Quark-Bewegungen und Ladungseffekte

Der Grund für die winzigen Unterschiede liegt in den Quarks, den Bausteinen der Protonen und Neutronen: Protonen bestehen aus zwei sogenannten Up-Quarks und einem Down-Quark, während Neutronen nur ein Up-Quark, dafür aber zwei Down-Quarks enthalten. Vor allem die Bewegung dieser Quarks sorgt gemäß Einsteins Formel E=mc2 für verschiedene Massen. Unklar war aber bisher, inwieweit dieser winzige Unterschied durch Wechselwirkungen mit der Ladung des Protons wieder ausgeglichen wird.

Zoltán Fodor von der Universität Wuppertal und seine Kollegen haben nun die winzige Massendifferenz und ihr Zustandekommen auf bisher genaueste Weise errechnet. Ihre neue Klasse von Simulationsverfahren vereint die Gesetze der Quantenchromodynamik mit denen der Quantenelektrodynamik, um die Auswirkungen der elektromagnetischen Wechselwirkungen präzise zu erfassen. Möglich wurde die aufwändige Kalkulation mit Hilfe des Supercomputers JUQUEEN am Forschungszentrum Jülich.

Genauigkeit von mehr als fünf Sigma

Tatsächlich gelang es den Forschern so, die Faktoren zu berechnen, die die winzige Massendifferenz erzeugen. Die Ergebnisse bestätigen, dass der Unterschied von 0,14 Prozent auf eine Kombination der Quarkbewegung und der elektromagnetischen Wechselwirkung zurückgeht. Die Genauigkeit liegt nach Angaben der Forscher bei fünf Sigma – das bedeutet, dass das Ergebnis mit einer 99.9999 prozentigen Wahrscheinlichkeit stimmt.

Und noch etwas zeigen die Berechnungen: „Sie liefern einen Einblick darin, in welchem Ausmaß diese Konstanten der Natur fein abgestimmt sind, um so ein Universum zu erschaffen wie das unsrige“, so Fodor und seine Kollegen. Die Ergebnisse stoßen jedoch auch die Tür zu einer neuen Generation von Simulationen auf, mit denen sich die Eigenschaften von Quarks, Gluonen und Kernteilchen bestimmen lassen.

„In der Zukunft könnte das Standardmodell der Elementarteilchenphysik mit zehnfacher Präzision auf die Probe gestellt werden“, erklärt Kálmán Szabó vom Forschungszentrum Jülich. „Wir hätten eine große Chance, Effekte zu finden, die auf eine neue Physik jenseits des Standardmodells hinweisen.“ (Science, 2015; doi: 10.1126/science.1257050)

(Forschungszentrum Jülich, 30.03.2015 – NPO)

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