Die fitten Alten kommen: Menschen in Deutschland werden nicht nur immer älter – sie bleiben auch länger fit als früher. Eine Vergleichsstudie belegt: Die heute 75-Jährigen in Deutschland sind glücklicher und gesünder als 75-Jährige vor 20 Jahren. Zur gestiegenen Lebenserwartung kommt demnach auch eine bessere Lebensqualität im Alter. Ein Verlust geistiger und körperlicher Fähigkeiten im hohen Alter ist aber noch immer nicht gänzlich vermeidbar, erläutern die Forscher in der Fachzeitschrift „Psychology and Aging“.
Die Lebenserwartung in Deutschland steigt seit Jahrzehnten an: Mittlerweile beträgt sie durchschnittlich 80,7 Jahre, in den 1990ern waren es noch etwa 76 Jahre. Ein hohes Alter allein ist jedoch noch keine Garantie für ein angenehmes langes Leben: Nachlassende geistige und körperliche Fähigkeiten können die Lebensqualität im Alter senken. Doch auch dabei haben sich in den vergangenen 20 Jahren große Fortschritte ergeben, wie der direkte Vergleich zweier Studien unter älteren Menschen nun belegt.
Fitter und zufriedener als vor 20 Jahren
Forscher um Ulman Lindenberger vom Max-Planck-Institut für Bildungsforschung (MPIB) in Berlin nutzten die Daten von 708 über 60-jährigen Berlinern, die im Rahmen der „Berliner Altersstudie II“ (BASE-II) auf ihre geistige Leistungsfähigkeit getestet und nach ihrem Wohlbefinden befragt wurden. Diese verglichen sie mit den Daten der Vorgängerstudie BASE aus den frühen 1990er-Jahren. Dazu erstellten sie 161 „statistische Zwillingspaare“, indem sie in Alter und Bildungsstand weitestgehend ähnliche Personen gleichen Geschlechts aus beiden Studien gegenüberstellten. Das Durchschnittsalter dieser Paare lag bei 75 Jahren.
Der Vergleich zeigt, dass die heute 75-Jährigen im Durchschnitt geistig erheblich fitter als die 75-Jährigen vor 20 Jahren sind. Zugleich fühlt sich diese Altersgruppe generell wohler und ist zufriedener mit ihrem Leben. „Die Zugewinne, die wir an kognitiver Leistungsfähigkeit und Wohlbefinden in Berlin gemessen haben, sind beträchtlich und von großer Bedeutung für die Lebensqualität im Alter“, kommentiert Lindenberger.
Bessere Fitness und höhere Bildung
Die wichtigsten Gründe für dieses verbesserte Wohlbefinden sind den Wissenschaftlern zufolge neben dem medizinischen Fortschritt auch soziokulturelle Faktoren wie etwa das gestiegene Bildungsniveau. Außerdem seien die Menschen durch bessere körperliche Fitness im Alter noch selbstständiger als vor 20 Jahren, was ebenfalls einen wichtigen Beitrag leiste.
Aber trotz dieses Aufschubs holt das Alter auch die „fitten Alten“ von heute irgendwann ein: Auch nach diesem Zuwachs an guten Lebensjahren sinkt die Lebensqualität schließlich ab, allerdings später als noch vor 20 Jahren. Erstautor Denis Gerstorf von der Humboldt-Universität zu Berlin ergänzt: „Wir rechnen jedoch damit, dass die beobachteten positiven Effekte auf die geistige Leistungsfähigkeit und das Wohlbefinden am Lebensende deutlich abnehmen.“ (Psychology and Aging, 2015; in press)
(Max-Planck-Institut für Bildungsforschung, 23.03.2015 – AKR)