Wie schmeckte Bier anno 1840? Zwei vor 170 Jahren mit einem Schiff versunkene Bierflaschen haben nun geholfen, diese Frage zu beantworten. Mit Hilfe moderner Analysenmethoden gelang es Forschern, das Rezept dieser ältesten erhaltenen Biere zu rekonstruieren. Es schmeckte demnach bitterer als das heutige. Eine Brauerei hat das Getränk bereits nachgebraut und auf den Markt gebracht – die Geschmacksreise in die Vergangenheit kann nun jeder selbst antreten.
Wasser, Malz, Hopfen und Hefe – nur auf dieser Basis darf man Bier heute in Deutschland brauen, das besagt die Bierverordnung, besser bekannt als „Reinheitsgebot“. Das war längst nicht immer so: Die Tradition des Bierbrauens reicht zurück bis ins alte Ägypten, wo man jedoch noch halbfertiges Brot in Wasser gären ließ – keine allzu appetitliche Vorstellung. Im 19. Jahrhundert hingegen entwickelte man bereits die Brauweise des Lieblingsbiers der Deutschen: dem Pils. Doch trotzdem sind uns nur selten die genauen Rezepturen früherer Biersorten bekannt.
„Köstliche“ Fracht gelagert
Im Jahr 2010 stießen Taucher in der baltischen See, nahe der finnischen Ostseeküste, auf ein Schiffswrack, das bereits in den 1840er Jahren gesunken war. Wie das Schiff hieß, woher es kam und wohin es auf den Weg war, ist bis heute unbekannt. Der Schoner hatte jedoch allerhand feine Waren gelagert – unter anderem Champagner, Wein und Bier.
Um dem Rezept des Biers auf den Grund zu gehen, haben Wissenschaftler des VTT Technical Research Centre of Finland und der Technischen Universität München nun den Inhalt von zwei verschiedenen Flaschen aus dem Wrack analysiert. Wie dieses Bier wohl schmeckte? Genussvoll war es wohl sicher nicht mehr. Zum einen war über die Jahre Salzwasser in die Flaschen eingedrungen, zum anderen hatten bakterielle Stoffwechselprodukte die Biere sauer gemacht. Die ursprünglichen fruchtigen, Malz- oder Hopfen-Noten des Biers waren nicht mehr zu erkennen
Für die weitere Analyse griffen die Wissenschaftler daher auf umfassende chemische Analysen zurück. „Wir verfügen über eine weltweit einzigartige Massenspektrometrie-Methode, mit der wir über 60 Geschmackskomponenten des Hopfens innerhalb von 30 Minuten sichtbar machen können“, erklärt Thomas Hofmann von der TU München. Die ersten Analysen ergaben, dass die Flaschen zwei unterschiedliche Biere enthielten, wobei das eine hopfenreicher und somit bitterer war als das andere.
Bier enthielt weniger Alkohol und war bitterer
Anhand ihrer Daten gelang es den Forschern, das Originalrezept des Bieres von 1840 zu rekonstruieren und stellten fest: Das Bier von damals war bitterer und enthielt weniger Alkohol verglichen mit heutigem Lager oder Ale. Dafür war in dem alten Bier mehr Phenylethanol enthalten – ein Geruchsstoff, der an Rosenduft erinnert.
„Aus den Ergebnissen konnten wir unter anderem ableiten, dass das Bier von 1840 mit ß-säurereichen Hopfensorten gebraut wurde“, erklärt Hoffman. Dies deutet auf einen bitteren Geschmack hin. Bei den Hefe-abhängigen Geschmacksnoten unterschied sich das Bier ansonsten kaum von modernen Sorten.
Wem die Ergebnisse zu abstrakt sind, kann das Bier einfach selbst probieren. Eine finnische Brauerei stellt das Bier bereits unter dem Namen „Stallhagen 1843“ in ihrem kleinen Betrieb her – nach Originalrezept. (Journal of Agricultural & Food Chemistry 2015; doi: 10.1021/jf5052943)
(Technischen Universität München, 13.03.2015 – MAH)