Seltener Fund aus dem Fränkischen Jura: Ein privater Sammler hat das bisher älteste und am besten erhaltene Fossil einer Krabbenlarve entdeckt. Im Gegensatz zu erwachsener Urzeit-Krabben unterscheidet sich das Larvenfossil relativ wenig von heutigen Formen, berichten die Forscher, die den Fund untersucht haben. Das deutet daraufhin, dass sich die verschiedenen Entwicklungsstadien unabhängig voneinander entwickelten, erklären die Forscher im Fachmagazin „Nature Communication“.
Krebstiere (Crustacea) sind Meister der Formenvielfalt und der evolutionäre Anpassung und gerade die Echten Krabben (Brachyura) zeichnen sich durch eine ökologisch vielgestaltete Gruppe aus. Lebende Krabbenlarven sind dabei heutzutage gut erforscht und man fängt sie in jedem Planktonnetz massenhaft. Fossile Larven sind hingegen eine echte Rarität. Die ersten Vertreter der Brachyura sind relativ jung und erschienen in der Jurazeit vor rund 180 Millionen Jahren. Sie entwickelten sich dann aber seit der Kreidezeit morphologisch und ökologisch rasch weiter. Über die frühe Evolution der Krabben ist jedoch bisher nur wenig bekannt.
Älteste fossile Larve gibt neue Einblicke
Das nun vorgestellte Larvenfossil entdeckte ein privater Sammler in den berühmten Solnhofener Plattenkalken des Fränkischen Jura. Es ist erst der zweite bekannte Fund einer fossilen Krabbenlarve und entpuppte sich mit einem Alter von 150 Millionen Jahren als die älteste und am besten erhaltene Krabbenlarve der Welt, wie die Zoologen Carolin und Joachim Haug von der Ludwig-Maximilians-Universität München und ihre Kollegen berichten.
Die neu entdeckte Larve stellt eine der zwei spezialisierten Larvenformen der Echten Krabben dar: Die Megalopa. Diese bildet dabei eine Übergangsform zwischen den planktonischen Zoea-Stadien und den bodenlebenden älteren Krabben. „Jedes Entwicklungsstadium besetzt eine eigene ökologische Nische, was vermutlich dazu beiträgt, dass diese Krabben eine hoch erfolgreiche und sehr artenreiche Tiergruppe sind“, erzählt Joachim Haug. „Unser Exemplar ist die einzige bekannte versteinerte Megalopa der Welt und ermöglicht ganz neue Einblicke in die Evolution der Krabben.“
Uraltes Erfolgsrezept
„Erstaunlicherweise hat die Larve schon eine sehr moderne Morphologie und ist äußerlich von vielen heutigen Krabbenlarven kaum zu unterscheiden“, sagt Joachim Haug. Während die fossilen Formen erwachsener Tiere noch sehr urtümlich und wenig spezialisiert sind, könnte die fossile Larve problemlos in heutige Krabbengruppen eingereiht werden. „Schwanzfächer, Beine, Augen und Schild etwa sehen schon weitgehend so aus wie bei vielen heutigen Arten“, meint er.
Aus dem Erscheinungsbild der Urzeit-Larve schließen die Forscher, dass die Krabben-Larve einst als kleiner Räuber und Aasfresser lebte. Damit besetzte sie bereits dieselbe ökologische Nische wie heutige Megalopae. Deren modern anmutende Morphologie ist demnach wahrscheinlich ein uraltes Erfolgsrezept.
Evolution wirkte unterschiedlich
Warum aber hat die 150 Millionen Jahre alte Krabbenlarve ein so modernes Aussehen und ihre adulte Form nicht? Nach Ansicht der Forscher könnte dies daran liegen, das die Evolution beider Entwicklungsstadien unterschiedlich verlief: Während sich die Larven schon früh auf eine Lebensweise spezialisierten und damit verbunden bestimmte äußere Merkmale entwickelten, verharrten die erwachsenen Tiere noch länger in ihren ursprünglichen Formen – in diesem Fall haben die Kinder also den Eltern etwas voraus. (Nature Communication, 2015; doi: 10.1038/ncomms7417)
(Ludwig-Maximilians-Universität München, 10.03.2015 – MAH)