Planetares Rätsel: Betrachtet man die Wolkenschicht der Venus im UV-Licht, erscheint in ihr ein riesiges dunkles Y. 40 Jahre lang rätselte man, was diese Formation auslöst. Jetzt haben spanische Astrophysiker das Rätsel gelöst: Schuld sind demnach eine UV-schluckende Chemikalie und atmosphärische Wellen, die durch die extrem unterschiedliche Rotation von Planet und Atmosphäre entstehen.
Auf den ersten Blick ist die dichte Wolkenschicht der Venus eher eintönig, es gibt nur wenige auffallende Streifen oder Muster. Doch wenn man den Planeten im ultravioletten Wellenbereich anschaut, ändert sich dies: Dann tritt ein seltsames dunkles Wolkenmuster zutage – geformt wie ein riesiges „Y“. Wie die Venussonde Mariner 10 nachwies, bewegt sich dieses Y zudem nicht nur wie eine einzige große Einheit, es tut dies auch mit einer anderen Geschwindigkeit als der Rest der Wolkendecke.
Entstehung unklar
Doch was dieses rätselhafte Y ist und wie es zustande kommt, blieb seit knapp gut 40 Jahren rätselhaft. Klar schien nur, dass die im UV-Licht dunkle Farbe wahrscheinlich durch eine unbekannte chemische Verbindung in der Atmosphäre erzeugt wird, die das Licht dieser Wellenlänge besonders effektiv absorbiert. Aber warum sammelt sich diese Substanz in der auffälligen Y-Form?
„Es konnte sich nur um eine atmosphärische Welle oder eine periodische Veränderung atmosphärischer Variablen handeln, aber wir wussten nicht, welches von beiden“, erklärt Javier Peralta vom astrophysikalischen Institut Andalusiens in Granada. Gemeinsam mit seinen Kollegen nutzte er Beobachtungen und Modelle, um nun erstmals die rätselhafte Bewegung der Y-Formation zu entschlüsseln.
Lahmer Planet, schnelle Atmosphäre
Wie sie feststellten, ist ein Faktor die extrem ungleiche Rotation des Planeten und seiner Atmosphäre: Während die Venus 243 Tage für eine Umdrehung benötigt, schaffte ihre dichte Wolkenschicht dies in nur vier Tagen – sie rast quasi über die fast stillstehende Planetenoberfläche. Diese Unterschiede führen dazu, dass wellenartige Strömungen entstehen, die am Äquator am stärksten sind und von tieferen Schichten in die Höhe führen. „Diese vertikalen Turbulenzen bewirken das Aufsteigen der UV-schluckenden Chemikalien“, berichten die Forscher.
Die starken Winde der oberen Wolkenschichten erzeugen dann im Laufe der Zeit die rätselhafte Y-Form: „Der starke Wind, der nach Westen weht, ist vom Äquator bis in die mittleren Breiten mehr oder weniger konstant“, erklärt Peralta. „Aber in den höheren Breiten wird der Durchmesser des Planeten kleiner und dadurch kreisen die Winde schneller als am Äquator – das verzerrt die Welle nach und nach.“
Von Winden verzerrt
Den Forschern gelang es, diese Prozesse erstmals in einem Modell nachzubilden – dem ersten, das die Entwicklung und Form der Y-Form auf physikalischer Basis überzeugend rekonstruieren kann. „Es war faszinierend zu sehen, wie diese neue Welle von planetaren Dimensionen nach und nach die Form eines Y annimmt, während die Venuswinde sie verzerren“, sagt Peralta. Seine Studie hat es damit sogar auf die Titelseite des Fachmagazins geschafft. (Geophysical Research Letters, 2015; doi: 10.1002/2014GL062280)
(IAA, 04.03.2015 – NPO)