Es sind Drillinge! Erstmals haben Astronomen ein Mehrfachsternsystem kurz vor seiner Geburt entdeckt. Es besteht aus einem älteren Sternenembryo und drei verdichteten Gasklumpen, aus denen schon in rund 40.000 Jahren neue Sterne entstehen werden. Das Besondere daran: Der Drillings-Klumpen bildete sich aus einem fragmentierten Gasfilament – diese Bildungsart für Mehrlings-Sterne ist neu, wie die Forscher im Fachmagazin „Nature“ berichten.
Die meisten Sterne im Universum sind keine Einzelgänger, sondern Teil von Doppel- oder sogar Dreifachsystemen. Wie diese kosmischen Mehrlinge allerdings entstehen, konnte bisher nie live beobachtet werden. Theoretisch gibt es dafür mehrere Möglichkeiten: Der Kern einer dichten Gaswolke kann fragmentieren, bevor er kollabiert, so dass sich mehrere Materiekugeln bilden. Ein Partnerstern kann sich aber auch aus einer Materiescheibe um einen Stern abteilen oder sogar nachträglich durch die Schwerkraft eines jungen Sterns eingefangen werden.
Blick in Sternenwiege
„Die Ideen zur Doppelsternbildung basieren heute alle auf Simulationen und analytischen Argumenten“, erklären Jaime Pineda von der ETH Zürich und seine Kollegen. „Aber bisher gibt es keine Beobachtungen eines werdenden Mehrfachsterns in der entscheidenden Phase seiner Bildung.“ Daher war es schwierig festzustellen, welche Bildungsformen tatsächlich vorkommen oder dominieren.
Die rund 800 Lichtjahre entfernte Sternenwiege Barnard 5 in der Konstellation Perseus hat den Astronomen nun einen ersten Einblick in diesen Geburtsprozess geliefert. Um die dichte Gaswolke zu beobachten, nutzten siemehrere Radioteleskope, darunter das Very Large Array in New Mexico und das Green Bank Telescope im West Virgina. Mit ihnen analysierten sie die Radioemissionen von Methan, einem im Zentrum des dichten Gasklumpens vorkommenden Moleküls. Anhand seiner Verteilung konnten sie die innere Struktur der Wolke sichtbar machen.
Gasfilament mit drei Klumpen
Dabei zeigte sich Überraschendes: Statt des nur einen, bisher schon bekannten Sternenembryos zeigten die Aufnahmen noch drei weitere Bereiche im Gas, die bereits auf dem Weg zur Sternenbildung sind. Alle drei sitzen in einem Gasfilament, das in mehrere Stücke zerfallen ist. Diese Fragmente haben sich bereits stark verdichtet. Die Astronomen schätzen, dass die Verdichtungen im Gas schon in rund 40.00 Jahren kollabieren und zu neuen Sternen werden könnten.
„Wir wissen, dass diese Sterne ein Mehrfachsystem bilden werden, denn schon jetzt sind die Gasklumpen durch ihre Schwerkraft aneinander gebunden“, erklärt Pineda. Diese gegenseitige Anziehung sorgt dafür, dass die junge Sterne nicht unabhängig voneinander sind, sondern sich gegenseitig umkreisen. Sie werden zwischen einem Viertel und einem Drittel der Sonnenmasse besitzen und zwischen 3.000 und 11.000 astronomische Einheiten voneinander entfernt liegen, wie die Berechnungen der Forscher ergaben.
Ein Doppelsystem mit Begleiter
Zwei der neuen Sterne werden wahrscheinlich ein stabiles inneres Doppelsternsystem bilden, das von dem etwas weiter entfernten dritten Stern umkreist wird. Der bereits zuvor bekannte, schon etwas weiter entwickelte Sternenembryo – der vierte im Bunde – bleibt dagegen nicht lange Teil dieses Systems, wie die Astronomen erklären: „Als Vierersystem ist es zwar noch gebunden, wird aber in Größenordnungen von rund 500.000 Jahren instabil werden.“
„Unsere Entdeckung liefert einen fantastischen Beleg dafür, dass auch aus der Fragmentierung von Gasfilamenten multiple Sternensysteme entstehen können“, sagt Pineda. „Wir können nun diesen Mechanismus zu unserer Liste der Entstehungsmöglichkeiten hinzufügen.“ Wie häufig dieser Prozess tatsächlich am Anfang von Mehrfachsystemen steht, sollen nun Beobachtungen auch anderer Sternenwiegen mit dem Very Large Array und dem Atacama Large Millimeter /Submillimeter Array in Chile klären helfen. (Nature, 2015; doi: 10.1038/nature14166)
(National Radio Astronomy Observatory, 12.02.2015 – NPO)