Unterseevulkane sind wechselhafter als gedacht. Schon kleine Schwankungen der Gezeitenkräfte können die mittelozeanischen Rücken zu gewaltigen Ausbrüchen provozieren, wie Forscher herausgefunden haben. Die momentan eher harmlosen Eruptionen sind daher nur eine Ruhepause im langen Zyklus ihrer Aktivität. Diese könnte sogar das Eiszeitklima mitbeeinflusst haben, wie die Wissenschaftler im Fachmagazin „Geophysical Research Letters“ berichten.
Bisher galten Unterseevulkane eher als sanfte Riesen, die ihre Lava ohne große Explosionen und ziemlich stetig nach oben befördern. Deshalb hielt man ihren Einfluss auf Klima und Atmosphäre auch eher für vernachlässigbar – und das, obwohl diese unterseeischen Feuerberge immerhin acht Mal so viel Lava und ungefähr genauso viel CO2 abgeben wie alle Landvulkane zusammen: Rund 88 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr geben die entlang der mittelozeanischen Rücken verteilten Feuerberge ab.
Doch wie Maya Tolstoy von der Columbia University und ihre Kollegen herausfanden, können die Unterseevulkane auch anders. Sie hatten anhand von seismischen Daten und Vermessungen unterseeischer Lavafelder untersucht, wie sich die Aktivität von zehn unterseeischen Eruptionsorten im Laufe der letzten 700.000 Jahre entwickelt hat.
Mega-Eruptionen alle 100.000 Jahre
Wie die Auswertung enthüllte, sind die Feuerberge keineswegs immer so stetig und sanft wie heute. Stattdessen macht ihre Aktivität unerwartete, zyklische Sprünge und schwankt in geringerem Maße innerhalb von Wochen, in sehr großem Maße aber in Abschnitten von 100.000 Jahren. Zu Hochzeiten produzierten die Vulkane dabei Lavamassen und unterseeische Gebirge, gegen die die heutigen mittelozeanischen Rücken wie bloße Termitenhügel aussehen.
Besonders aktiv werden die Vulkane offenbar immer dann, wenn die Umlaufbahn der Erde stärker elliptisch ist als heute. Der Grund liegt in den Gezeitenkräften, die die Sonne auf unseren Planeten ausübt. Wechselt der Abstand von Sonne und Erde im Jahresverlauf stärker, schwankt auch die Schwerkraft der Sonne mehr. Dieses leicht verstärkte Zerren und Stauchen reicht offenbar schon aus, um erheblich mehr Magma aus den Unterseevulkane herauszupressen, wie die Forscher berichten.
Eiszeit-Ende durch Unterseevulkane?
Die neu entdeckten Zyklen der Untersee-Feuerberge könnte auch ein Klimarätsel der Eiszeiten lösen. Denn nach gängiger Theorie spielt die sich regelmäßig wandelnde Form der Erdumlaufbahn auch für die warmen und kalten Perioden auf unserem Planeten eine wichtige Rolle. Oft endeten die Eiszeiten dann, wenn der Erdorbit besonders stark elliptisch war.
Und genau hier könnten die Unterseevulkane ins Spiel kommen. Denn nach Ansicht von Tolstoy und ihren Kollegen waren sie wahrscheinlich sogar wichtige Helfer beim Abtauen der Eismassen. Weil sie immer dann aktiver werden, wenn die Erdbahn elliptischer wird, stoßen sie dann auch mehr CO2 aus. Dieser zusätzliche Einstrom des Treibhausgases in die Atmosphäre könnte dem Klima den entscheidenden Kick geben, der das irdische Thermostats wieder in Richtung warm stellt.
Ausbrüche im Zwei-Wochen-Rhythmus
Wie sensibel die Unterseevulkane auf Gezeitenkräfte reagieren, zeigte sich, als die Forscher nach kürzeren Zyklen in der Vulkanaktivität suchten und fündig wurden. So ereignen sich die meisten heutigen Eruptionen um Neumond oder Vollmond herum – und damit immer dann, wenn die Schwerkraft von Mond und Sonne zusammenwirken und die Gezeitenkräfte verstärken.
„Unterseevulkane wurden lange ignoriert, weil man ihren Einfluss für gering hielt und ihre Ausbrüche für stetig – aber das ist nicht der Fall“, konstatiert Tolstoy. „Die Vulkane reagieren sensibel sowohl auf große wie auf kleine Kräfte, wir müssen sie daher sehr viel genauer erforschen.“ Ähnlich sieht es auch Edward Baker von der National Oceanic and Atmospheric Administration (NOAA). In einem begleitenden Kommentar schreibt er: „Diese Studie liefert weitere Belege dafür, dass die feste Erde, die Luft und das Wasser als ein System zusammenwirken.“ (Geophysical Research Letters, 2015; doi: 10.1002/2014GL063015)
(The Earth Institute at Columbia University, 06.02.2015 – NPO)