Naturkonstante ausgebremst: Forscher haben erstmals einen Lichtstrahl im freien Vakuum verlangsamt – etwas, das bisher als unmöglich galt. Aber weil die Physiker die Struktur des Laserstrahls durch eine Linse veränderten, klappte es doch. Die Photonen dieses Lichts kamen 20 Wellenlängen später an als die eines Vergleichsstrahls, wie die Forscher im Fachmagazin „Scicence“ berichten.
Seit Albert Einstein ist es eigentlich klar: Die Lichtgeschwindigkeit im Vakuum ist eine Naturkonstante und als solches unveränderbar. „Diese Konstante spielt eine entscheidende Rolle für die Relativität, für Feldgleichungen und technologische Anwendungen“, erklären Daniel Giovaninni von der University of Glasgow und seine Kollegen. Zwar lässt sich Licht in bestimmten Kristallen kurzzeitig abbremsen, im Vakuum aber, so die Annahme, bleibt die Lichtgeschwindigkeit immer konstant.
Wettrennen der Laserstrahlen
Genau das aber scheinen Giovaninni und seine Kollegen nun in einem Experiment widerlegt zu haben. Dabei schickten sie einen Laserstrahl in einer Vakuumkammer durch eine spezielle konische Linse, die die Struktur des Strahls veränderte. Normalerweise bilden die parallel und im Gleichtakt schwingenden Wellen des Laserlichts einen sogenannten Gauß-Strahl: Seine Intensität nimmt von der Mitte her nach außen hin ab.
Durch die Spezial-Linse veränderten die Forscher die Querschnittsstruktur des Laserstrahls und verliehen ihm Merkmale eines sogenannten Bessel-Strahls. Dabei wird der Strahl quasi in sich selbst gekreuzt. Um zu testen, ob diese Modulation eine Veränderung der Lichtgeschwindigkeit bewirkt, ließen die Forscher Photonen aus diesem Strahl gegen die eines unveränderten Kontrollstrahls gegeneinander antreten. Einen Meter vom Startpunkt entfernt registrierte ein Messgerät, wann die Photonen ankamen und wie groß ihr zeitlicher Abstand war.
20 Wellenlängen langsamer
Das überraschende Ergebnis: Das Photon, dessen Strahl durch die Linse verändert worden war, traf 20 Wellenlängen später ein als das Kontrollphoton – das entspricht einem aBstand von mehrere Mikrometern auf der Strecke von einem Meter. Und das, obwohl beide auf der gesamten Messstrecke durch ein Vakuum flogen und daher eigentlich gleich schnell sein müssten. „Die Verzögerung, die wir in dem umstrukturierten Strahl erzeugt haben, ist zwar klein, aber signifikant“, betont Giovaninni.
„Das belegt eindeutig, dass die Ausbreitung des Lichts auch im Vakuum abgebremst werden kann und dann unter die allgmein akzeptierte Konstante von 299.792.458 Meter pro Sekunde sinkt“, konstatiert Giovaninnis Kollegin Jacquiline Romero. Im Experiment haben man diese Verlangsamung sowohl bei einzelnen Photonen als auch bei einem Bessel-Strahl als Ganzem gemessen.
Konstante mit Ausnahmen
Nach Ansicht der Forscher eröffnen ihre Ergebnisse eine neue Sicht auf die Eigenschaften von Licht und Wellen. Die Konstanz der Lichtgeschwindigkeit im Vakuum gilt demnach nur für Strahlen mit normaler, ebener Querschnittsstruktur, nicht aber für Strahlen, deren Struktur verändert wurde. Die Physiker vermuten, dass sich auch Schallwellen in Luft auf ähnliche Weise manipulieren lassen könnten. „Wir sind gespannt darauf, das Potenzial dieser Entdeckung nun in weiteren Experimenten zu erkunden“, so die Forscher. (Science, 2015; doi: 10.1126/science.aaa3035)
(University of Glasgow/ Science, 23.01.2015 – NPO)