Astronomie

Dunkle Materie: Mysteriöses Röntgensignal entdeckt

Teilchen der Dunklen Materie als Urheber?

Kann nur indirekt ermittelt werden: Verteilung von Dunkler Materie (blau) und heißem Gas (rot) im Galaxiencluster Abell 2744. © NASA/ ESA, J. Merten

Signal der Dunklen Materie? Im Röntgenspektrum unserer Nachbargalaxie und eines Galaxienclusters haben Astronomen ein verräterisches Signal entdeckt. Die schwache Spektrallinie unbekannten Ursprungs könnte ein Indiz für die lange gesuchten Teilchen der Dunklen Materie sein. Denn gängiger Theorie nach löschen sich diese exotischen Partikel gegenseitig aus und geben dabei Strahlung ab. Ob das Signal tatsächlich von ihnen stammt, sollen nun weitere Messungen zeigen.

Dunkle Materie macht den Großteil der Masse im Universum aus. Woraus sie aber besteht, ist noch völlig unbekannt. „Die Natur der Dunklen Materie ist eine entscheidende Frage für die Kosmologie und die Grundlagen der Physik“, erklären Alexey Boyarsky von der Universität Leiden und seine Kollegen. Weil alle bekannten Elementarteilchen nicht die richtigen Eigenschaften besitzen, vermuten Forscher, dass es eine bisher noch unbekannte Teilchensorte geben muss.

Auf der Suche nach den WIMPs

Diese sogenannten WIMPs (Weakly Interacting Massive Particles) löschen sich nach gängiger Theorie gegenseitig aus, wenn sie aufeinander treffen. Tatsächlich haben Physiker erst vor kurzem das erste Teilchen nachgewiesen, das gleichzeitig sein eigenes Antiteilchen ist. Solche Majorana-Fermionen gelten als ein möglicher Kandidat für ein Dunkles Materie-Teilchen. Aber auch eine bisher nur theoretisch postulierte Sorte von Neutrinos, die sterilen oder rechthändigen Neutrinos, werden diskutiert.

Astrophysiker gehen davon aus, dass die WIMPS bei der Annihiliation Energie in Form eines Photons und möglicherweise noch anderer Teilchen freisetzen – nach solchen Ereignissen wird daher weltweit gefahndet. Im Frühjahr 2014 entdeckten Astronomem im Herzen der Milchstraße auf einen winzigen, aber verräterischen Überschuss an energiereicher Gammastrahlung. Er könnte von sich auslöschenden Teilchen der Dunkle Materie stammen, hundertprozentig sicher ist dies aber nicht.

Ein räselhaftes Röntgensignal aus der Andromeda-Galaxie© Ecole Polytechnique Fédérale de Lausanne

Liniengewirr im Röntgenspektrum

Boyarsky und sein Team haben nun im Spektrum von zwei weiteren galaktischen Objekten nach verräterischen Signalen im Röntgenspektrum gesucht, in der Andromeda-Galaxie und im Perseus-Galaxiencluster. Sie analysierten dafür Messdaten des Weltraum-Röntgenteleskops XMM Newton und suchte gezielt nach Spektrallinien, die sich nicht bekanntne Quellen oder Prozessen zuordnen lassen.

Das Problem dabei: „Die Röntgenspektren von astrophysikalischen Objekten sind voll mit schwachen Linien, die von Teilchen, aber auch Instrumentenbauteilen herrühren können“, erklären die Forscher. An einem einzelnen Objekt ist es deshalb schwer zu sagen, ob eine Linie im Spektrum ein echtes Signal ist oder nur ein Instrumentenfehler.

Mysteröses Signal bei 3,5 KeV

Um dieses Problem zu umgehen, führten die Astronomen ihre Messungen an den beiden Objekten und auch an einem Stück leerem Weltraum durch. Und sie wurden fündig: „Wir haben im Röntgenspektrum von Andromeda-Gaalxyie und Perseus-Cluster eine schwache Linie bei 3,5 Kiloelektronenvolt (KeV) gefunden“, berichten die Forscher. „Eine solche Linie war bisher aus dem Spektrum solcher Objekte nicht bekannt.“

Die Andromeda-Galaxie - in ihr registrierten die Forscher die Linie im Röntgenspektrum © NASA

Die Beobachtungen zeigen, dass die Spektrallinie zum Zentrum der Galaxie und des Clusters hin stärker wird, zu den Rändern hin aber schwächer. Das würde gut zu der Annahme passen, dass dort auch besonders viel Dunkle Materie liegen soll. „Sie ist zudem stärker für den Perseus-Cluster als für die Andromeda-Galaxie“, so die Astronomen. Da der Cluster massereicher ist als die Galaxie, würde auch dies gut zur Theorie passen.

„Die Merkmale dieser Spektrallinie stimmen gut mit dem Verhalten überein, das eine Linie zeigen würde, die durch den Zerfall von Dunkle Materie-Teilchen entsteht“, konstatieren Boyarsky und seine Kollegen. Zudem trat diese Linie in den Kontrollmessungen an einem Areal leeren Weltraums nicht auf – ein dem Instrument innewohnende Verfälschung sei daher unwahrscheinlich.

Gibt es die Linie auch in der Milchstraße?

Noch allerdings reichen die Daten nicht aus, um diese Röntgenlinie eindeutig als das Signal der lange gesuchten WIMPs zu werten. „Um zu einem Schluss über ihre Natur zu kommen, muss man nun weitere Objekte finden, in denen diese Linie auftritt“, sagen die Forscher. Sollte sie beispielsweise in der Milchstraße und in anderen Galaxien ebenfalls nachgewiesen werden, dann könnte dies zumindest darauf hin deuten, dass dort ein bisher unbekannter Prozess stattfindet.

Findet man das Röntgensignal aber nicht, dann engt dies den Bereich weiter ein, in dem man nach dem Signal der mysterösen WIMPS suchen muss. (Physical Review Letters, 2014; arXiv: 1402.4119)

(Ecole Polytechnique Fédérale de Lausanne, 29.12.2014 – NPO)

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