Geowissen

Antarktis-Meereis von unten

Unterwasser-Roboter liefert erste hochauflösende Karte der antarktischen Meereis-Dicke

Der autonome Tauchroboter SeaBED kartiert das antarktische Meereis © Woods Hole Oceanographic Institution

Tauchgang unter dem Eis: Mit neuer Technologie haben Forscher erstmals das antarktische Meereis von unten kartiert. Dabei zeigte sich: Das Meereis im Südpolarmeer ist vor allem in Küstennähe offenbar dicker und deformierter als bisher gedacht. Statt säuberlicher Rippen zwischen den verschmolzenen Schollen sind drei Viertel des Meereises in Küstennähe zusammengestaucht und geröllartig verformt, so die Forscher im Fachmagazin „Nature Geoscience“.

Der autonome Tauchroboter SeaBED kartiert das antarktische Meereis© Woods Hole Oceanographic Institution

Während das arktische Meereis recht gut untersucht ist, gilt dies für seinen Gegenpart im Südpolarmeer nicht. Zwar erlauben Satellitendaten eine erste Einschätzung, wegen der dicken Schneeschicht ist es aber teilweise schwierig, die Daten korrekt zu interpretieren. Direkte Messwerte gibt es nur von einigen Bohrungen in antarktischen Eisschollen, wenigen elektromagnetischen Messungen aus und für das Wedellmeer einigen wenigen Sonar-Untersuchungen.

Autonomer Tauchroboter kartiert das Eis von unten

„Die einzige zirkumpolare Schätzung der Eisdicke stammt von optischen Schätzungen von passierenden Schiffen aus“, erklären Guy Williams von der University of Tasmania in Hobart und seine Kollegen. Um das zu ändern, haben die Forscher nun modernste Unterwassertechnologie eingesetzt: den autonomen Tauchroboter SeaBED. Der zwei Meter lange Doppelrumpf-Roboter ist mit einem nach oben gerichteten Sonar ausgerüstet, so dass er aus einer Tiefe von 20 bis 30 Metern unter dem Eis Dicke und Unterseite der Eisschollen vermessen konnte.

„Die Unterseite von Meereis mit einem autonomen Tauchroboter zu vermessen, ist eine große Herausforderung – für Software, Navigation und akustische Kommunikation“, sagt Koautor und SeaBED-Mitentwickler Hanumant Singh von der Woods Hole Oceanographic Institution (WHOI). Von Eisbrechern aus wurde der Tauchroboter ins Meer gelassen und hat bisher bereits drei Gebiete vor der antarktischen Halbinsel kartiert – insgesamt eine Meereis-Fläche von 500.000 Quadratmetern.

Dickes Geröll statt Rippen

Durch Kombination der SeaBED-Messdaten mit bisherigen Daten konnten die Forscher erstmals eine hochauflösende topografische Karte des Meereises in diesen Gebieten erstellen. „Die volle 3D-Topografie der Eisunterseite liefert uns eine Menge neuer Informationen über die Struktur von Meereis und die Prozesse, die es erzeugen“, so Williams. Die neuen Daten könnten auch helfen zu erklären, warum sich das antarktische Meereis so anders verhält als sein arktischer Gegenpart.

Die Daten enthüllten einige Unterschiede zum arktischen Meereis: So fehlen im antarktischen Meereis die langen, geraden Eisrippen, die im Nordpolarmeer die Nahtstellen der einzelnen Schollen markieren. Stattdessen ist das Meereis als Ganzes sehr viel stärker deformiert. „Es handelt sich vorwiegend um Gerölleis, das mehrere Meter dick aufgetürmt sein kann, ohne die typischen Druckrippen zu bilden“, so die Forscher. 76 Prozent des von SeaBED kartieren Eises war auf diese Weise verformt.

Die Kartierung zeigte, dass die Schollen des antarktischen Meereises verformter und dicker sind als zuvor angenommen. © Williams et al. /Nature Geoscience

Dicker als bisher gedacht

Unter anderem durch diese Verformungen ist das antarktische Meereis in den Messgebieten deutlich dicker als bisher angenommen. Bis zu 16 Meter Dicke registrierte der Tauchroboter. „Unsere Daten liefern Hinweise darauf, dass die Eisdicke in Küstennähe und im Inneren des Packeises bei bisherigen Messungen unterschätzt wurde“, sagen Williams und seine Kollegen. Ob diese Beobachtung auch für andere Meereisgebiete der Antarktis gilt, wollen die Forscher in weiteren Messungen nun prüfen.

„Diese AUV-Missionen haben uns echte Einblicke in die Natur des antarktischen Meereises geliefert – es ist wie durch ein Mikroskop zu schauen“, sagt Koautor Jeremy Wilkinson vom British Antarctic Survey (BAS). „Jetzt können wir die Eisdicke in weitaus größerem Detail messen.“ (Nature Geoscience, 2014; doi: 10.1038/ngeo2299)

(British Antarctic Survey, 25.11.2014 – NPO)

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