Archäologie

Klima und falsche Politik brachten die Assyrer zu Fall

Niedergang des ersten Großreichs der Weltgeschichte hat Parallelen zu heute

Tor der assyrischen Stadt Ninive - heute nur noch eine Ruine © Fredarch/ CC-by-sa 3.0

Rätselhafter Untergang: Das Assyrische Großreich brach schon kurz nach seiner größten Blüte rapide in sich zusammen. Warum, war bisher nur in Teilen geklärt. Jetzt haben Forscher zwei Gründe dafür aufgedeckt: Demnach beschleunigte eine fatale Kombination aus Bevölkerungswachstum und Klimawandel den Untergang. Dabei gebe es durchaus Parallelen zur heutigen Situation im Mittleren Osten, so die Forscher im Fachmagazin „Climatic Change“.

Das Reich der Assyrer gilt als erstes Großreich der Weltgeschichte. Im frühen 7. Jahrhundert vor Christus erstreckte es sich von Ägypten bis an den Persischen Golf, vor allem unter seinem Herrscher Assurbanipal erlebte es eine kulturelle und wirtschaftliche Blütezeit. Doch schon kurz nach seinem Tod folgte das dramatische Ende, das Reich löste sich auf und wurde von seinen Nachbarn geschluckt. Was diesen raschen Niedergang dieser militärischen Supermacht seiner Zeit auslöste, blieb lange rätselhaft.

Unruhen, Krieg und Kollaps

Nach gängiger Annahme kollabierte das assyrische Reich in erste Linie durch seine überschnelle Expansion: Weil ein Großteil der Bevölkerung als Soldaten diente, fehlten im Kernland Arbeiter, Bauern und Verwaltungsbeamte. Es kam zur Unterversorgung und zu inneren Unruhen. Gleichzeitig schlossen sich die Babylonier und Meder zusammen und griffen die assyrischen Grenzen an.

Ausdehnung des assyrischen Reiches © gemeinfrei

Doch die politischen Faktoren waren es offenbar nicht allein, die den Assyrern den Untergang brachten, wie Adam Schneider von der University of California in San Diego und Selim Adalı vom türkischen Forschungszentrum für anatolische Zivilisationen herausfanden. Sie haben paläoklimatologische Daten analysiert und stellten dabei fest, dass das Klima im Nahen Osten während etwa ab 660 vor Christus deutlich trockener wurde. Als Folge erlebte das assyrische Reich zunehmende Dürren und Missernten.

Dürren förderten den Niedergang

Wie die Forscher berichten, gab es unter anderem 657 vor Christus eine fünf Jahre anhaltende Dürre, die die politische und wirtschaftliche Stabilität des assyrischen Staates stark geschwächt haben dürfte. Da in der Zeit davor die Bevölkerung Assyriens stark angewachsen war, konnte sie nun nicht mehr ausreichend versorgt werden – als Folge häuften sich Unruhen und Bürgerkriege brachen aus.

„Wir gehen davon aus, dass diese demographischen und klimatischen Faktoren eine indirekte aber wesentliche Rolle beim Niedergang des Assyrischen Reiches spielten“, sagt Schneider. Die Assyrer konzentrierten sich auf kurzfristige wirtschaftliche und politische Ziele und erhöhten dadurch ihr Risiko erhöhte, durch Klimaveränderungen beeinträchtigt zu werden. „Ihre technologischen Fähigkeiten und ihre wissenschaftlichen Kenntnisse über die Zusammenhänge in der Natur waren unzureichend“, sagt Adalı.

Portrait des assyrischen Königs Assurbanipal bei der Löwenjagd © historisch

Parallelen zur heutigen Lage in Syrien?

Nach Ansicht der Forscher könnten heutige Gesellschaften daraus durchaus eine Lehre ziehen. Denn der Niedergang der Assyrer zeige, welche Folgen es hat, wenn man nur kurzfristige wirtschaftliche und politische Ziele verfolgt anstatt auf langfristige wirtschaftliche Sicherheit und Risikominimierung zu achten. „Wir besitzen heute aber den Vorteil der Rückschau. Sie erlaubt uns rückblickend zu erkennen, was schief laufen kann, wenn wir langfristige Nachhaltigkeitsstrategien in der Politik nicht berücksichtigen“, so Adalı.

Schneider und Adalı sehen auch Parallelen zwischen dem Assyrischen Reich damals und den Konflikten in Syrien und dem Nordirak heute. Denn diese Region erlebe auch jetzt wieder eine Periode zunehmender Trockenheit und damit verbunden der wirtschaftlichen Probleme. Diese könnten mit dazu beigetragen haben, die politischen Konflikte anzuheizen. (Climatic Change, 2014; doi: 10.1007/s10584-014-1269-y)

(Springer, 06.11.2014 – NPO)

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