Roter Planet im Kometenschweif: Am Sonntagabend wird der Komet Siding Spring so nahe am Mars vorbeifliegen, dass sein Schweif die Marsatmosphäre trifft. Die NASA hat bereits drei Raumsonden hinter dem Roten Planeten in Sicherheit gebracht, um die sensiblen Instrumente zu schützen., In erster Linie aber ist diese Kometenpassage eine einmalige Chance für Astronomen, den Kometen aus nächster Nähe und „aus der ersten Reihe“ zu beobachten.
Als der Komet C/2013 A1 am 3. Januar 2013 im Blickfeld eines Teleskops am australischen Observatorium Siding Spring auftauchte, sorgte für Aufsehen. Denn der kosmische Bolide schien auf direktem Kollisionskurs mit dem Mars. Zu diesem Zeitpunkt war der Komet noch mehr als sieben astronomische Einheiten von der Erde entfernt. Spätere Beobachtungen gaben jedoch Entwarnung.
Kometenschweif trifft Marsatmosphäre
Inzwischen ist klar, dass der Siding Spring Komet den Mars nicht treffen wird. Dafür wird er nach astronomischen Maßstäben sehr nah am Roten Planeten vorbeifliegen: Um 19:27 Uhr trennen nur rund 139.000 Kilometer den mit 56 Kilometer pro Sekunde vorbeirasenden Boliden – das ist rund ein Drittel der Entfernung Erde- Mond und zehn Mal näher als jede Kometenpassage an der Erde.
Diese Passage hat Folgen: „Die Gefahr besteht nicht in einem Einschlag des Kometenkerns, aber in seinem Schweif“, erklärt Rich Zurek, Leiter des Marserkundungsprogramm am Jet Propulsion Laboratory der NASA. Etwa 90 Minuten nach der größten Annäherung des Kometenkerns wird ein Teil des Gas- und Staubschweifs die Marsatmosphäre treffen und in sie eindringen.
„Wir erwarten, dass sich der Kometenschweif und die Marsatmosphäre zum Teil vermischen werden“, sagt Markus Fränz vom Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung in Göttingen. Die Planetenforscher schätzen, dass Siding Spring pro Sekunde etwa 100 Kilogramm fremden Materials in die Marsatmosphäre eintragen wird. Das entspricht etwa der Menge an Staub und Mikrometeoriten, die normalerweise in fünf Jahren auf den Planeten niedergehen.
Raumsonden suchen Schutz auf der Mars-Rückseite
Für die sensiblen Instrumente einiger Raumsonden, die zurzeit am Mars unterwegs sind, könnte aber auch diese geringe Menge schon eine Gefahr bedeuten. Die NASA hat daher die Raumsonden Mars Odyssey, Mars Reconnaissance Orbiter und die erst Mitte September am Mars angelangte Sonde MAVEN bereits in eine Flugbahn manövriert, die sie während der Kometenpassage auf die entgegengesetzte Seite des Planeten bringen wird. Dadurch sind sie vor möglichen Schäden geschützt.
Andere Sonden bleiben aber auf ihrem Posten, darunter auch die ESA-Raumsonde Mars Express. Die NASA-Marsfahrzeuge Opportunity und Curiosity auf der Oberfläche des Roten Planeten werden durch die dünne Gashülle weitgehend abgeschirmt und bleiben ebenfalls aktiv.
„Ein Geschenk für die Wissenschaft“
Die Passage des Kometen ist für die Astronomen und Planetenforscher aber vor allem eine einmalige Chance. „Das ist ein kosmisches Geschenk für die Wissenschaft“, sagt NASA-Administrator John Grunsfeld. Denn die Rover und Sonden auf dem Mars werden den Kometen aus großer Nähe beobachten können und wertvolle Daten über seine Zusammensetzung und Geschichte sammeln.
Ein Grund: „Dieser Komet hat nie zuvor das innere Sonnensystem durchquert, daher liefert er frische Hinweise auf die frühesten Tage unseres Sonnensystems“, so Grunsfeld. Siding Spring stammt aus der Oortschen Wolke, der schalenförmigen Region weit außerhalb der Neptunbahn, in der ein gewaltiger Schwarm von eisigen Relikte aus der Entstehungszeit des Sonnensystems kreist.
Siding Spring ist der erste Komet aus dieser Wolke, der aus so großer Nähe untersucht werden kann. Entsprechend gespannt sind Forscher in aller Welt auf dieses einmalige Ereignis. Nahezu alle Teleskope und wissenschaftliche Instrumente, die im Erdorbit, am Mars oder auf der Erde in Sichtlinie des Kometen sind, werden daher ihre „Augen“ auf den kosmischen Besucher gerichtet haben. Allerdings: Von der Erde aus ist der Marskomet leider nur auf der Südhalbkugel zu beobachten.
(NASA, 17.10.2014 – NPO)