Pandemie per Klick: Eine jetzt im Netz veröffentlichte Simulation zeigt, wie schnell sich eine Seuche über Flugverbindungen in der Welt ausbreitet – und auf welchen Routen. Je nach Startflughafen verändert sich dabei das Muster der Pandemie. Wählt man aus aktuellem Anlass Monrovia in Liberia als Startpunkt, wäre Europa zuerst und am heftigsten betroffen, wie das von deutschen Informatikern entwickelte Modell zeigt.
Mit der Zunahme des weltweiten Flugverkehrs steigt die Gefahr von Pandemien. Tausende Flugverbindungen täglich – mit zehntausenden Fluggästen in engstem physischen Kontakt – können lokale Ereignisse zu globalen Phänomenen verstärken. Wissenschaftler am Max-Planck-Institut für Informatik in Saarbrücken haben nun einen Algorithmus entwickelt, der aus der Anbindungsstärke eines Flughafens das Risiko berechnet, dass von dort eine Pandemie beginnt. Die interaktive Simulation stellten die Forscher jetzt ins Internet.
Verknüpfung der Knotenpunkte entscheidend
Die Wissenschaftler dort haben dazu eine „expected force“ genannte Maßzahl entwickelt. Sie basiert auf der Größe, Dichte und Vielfalt der Verbindungen eines Knotenpunkts in einem Netzwerk zu seinen Nachbarknoten und gibt damit an, wie wahrscheinlich von diesem Knoten eine Ereigniskaskade ausgeht. Je näher der Wert dabei an 100 liegt, desto wahrscheinlicher ist dies. Dabei kann es sich um harmlose Ereignisse wie beispielsweise Tweets in einem sozialen Netz handeln, aber auch um potenziell bedrohliche wie die Ausbreitung eines Virus.
Glenn Lawyer vom MPI hat dieses Prinzip nun auf die weltweiten Flugverbindungen angewendet. Die expected force eines Flughafens wird dabei von der Anzahl der Flugrouten, deren Frequenz sowie der Sitzkapazität der Flugzeuge bestimmt. Sie wurde auf der Grundlage einer Datenbank von 3.458 Flughäfen mit 68.820 Flugverbindungen und 171 verschiedenen Flugzeugvarianten berechnet. Nahe dem Maximum von ExF = 100 finden sich Flughäfen mit sehr vielen Verbindungen und hohen Fluggastzahlen wie Frankfurt, Atlanta oder Peking, annähernd Null sind dagegen sehr abgelegene Flughäfen wie Mount Pleasant in South Carolina oder den Falkland Inseln mit einer ExF = 3.
{2r}
Ebola: Europa wäre als erstes betroffen
Die Simulation verdeutlicht, dass die Ausbreitung so lange langsam vor sich geht, bis sie einen Netzwerkkern mit hoher expected force erreicht hat. Ab dann verstärkt sie sich explosionsartig. „Die Webseite gibt den Besuchern die Möglichkeit, die Infektionswege innerhalb des Netzwerks von Flugverbindungen nachzuvollziehen“, erklärt Lawyer. „Man sieht, wie die Weiterverbreitung vom der Startpunkt beeinflusst ist.“
Klickt man aus aktuellem Anlass Monrovia in Liberia als Startpunkt einer Epidemie an, dann gehen die ersten versuchten Flüge nach Europa: Über Spanien, Frankreich, die Benelux-Staaten und Großbritannien breitet sich das Virus dann nach Chicago in den USA aus und von dort über die Ostküste. Am stärksten betroffen wären von einer Pandemie daher West- und Mitteleuropa, die US-Ostküste und schließlich auch einige Städte Südostasiens.
(Max-Planck-Institut für Informatik, 09.10.2014 – NPO)