Zoologie

Epische Reise von Riff zu Riff

Clownfisch-Larven wandern hunderte von Kilometern durch offenen Ozean

Riffbewohner: Ausgewachsene Clownfische suchen Schutz in einer Seeanemone. © freeimages

Erstaunliche Langstreckenschwimmer: Die Larven von Clownfischen wandern bis zu 400 Kilometer weit von einem Korallenriff zum nächsten – durch offenen Ozean, bei einer Körpergröße von wenigen Millimetern. Dabei lassen sie sich von günstigen Meeresströmungen helfen, berichten Wissenschaftler im Magazin „PLOS ONE“. Die beachtliche Leistung ist angesichts drohender Umweltveränderungen überlebenswichtig für die Fische.

Clownfische leben praktisch ihr gesamtes erwachsenes Leben im Schutz einer Seeanemone. Spätestens seit dem Film „Findet Nemo“ sind die bunt gestreiften Fische auch bei einer größeren Zahl Menschen bekannt und beliebt. Was weniger bekannt ist: Die jungen Clownfische, genauer gesagt die Fischlarven, begeben sich auf weite Reisen. Und wie im Film legen sie dabei beachtliche Strecken zurück.

Stephen Simpson von der britischen Universität Exeter hat zusammen mit Kollegen diese Wanderungen der Clownfischlarven verfolgt. Dazu studierten die Wissenschaftler Clownfisch-Populationen an der Südküste von Oman. „Es gibt nur zwei Korallenriff-Systeme entlang dieser Küste“, erklärt Simpson, „und die sind durch 400 Kilometer Ozean voneinander getrennt.“

Genetischer Akzent verrät Einwanderer

Die Forscher sammelten Gewebeproben von 400 Omanischen Clownfischen und analysierten deren genetischen Fingerabdruck. „Wie ein Akzent der uns einen Engländer von einem Amerikaner unterscheiden lässt, können Fischpopulationen ihre eigene genetische Signatur entwickeln“, erläutert Koautor Hugo Harrison von der australischen James Cook University. „Wir können die Signatur jedes Fisches untersuchen und sagen, ob er dorthin gehört oder nicht. Es ist als ob man einen Engländer in New York erkennt: Sie fallen auf.“

Clownfisch-Eier vor dem Schlüpfen: Die Augen der winzigen Fischlarven sind erkennbar. © Silke Baron / (CC BY 2.0)

Das Ergebnis der genetischen Studien: Die Jungfische vor der omanischen Küste unternehmen regelmäßige Wanderungen von einer Population zur anderen, durch 400 Kilometer offenes Meer. „Das ist eine gewaltige Reise für diese kleinen Burschen“, sagt Simpson, und betont, dass es sich um die weiteste je nachgewiesene Wanderung von Riff-Fischen handelt. „Wenn sie das Riff erreichen, sind sie nur wenige Millimeter groß, und sie haben nur ein paar Tage, um dorthin zu kommen. Also müssen sie bei ihrer Wanderung Meereströmungen zu Hilfe nehmen.“

Mit dem Monsun von Nord nach Süd

In der Tat fanden die Wissenschaftler heraus, dass die meisten Fische von Norden nach Süden wandern, und nur wenige sich in umgekehrter Richtung auf die Reise machen. Dies entspricht auch den vorherrschenden Meeresströmungen der Region, die vor allem vom Wintermonsun getrieben werden. Und zumindest einige der Clownfischlarven siedeln sich an ihrem Ziel erfolgreich an und lassen sich in einer dortigen Seeanemone nieder. Das belegen Nachkommen von gewanderten Fischen, die die Forscher ebenfalls nachgewiesen haben.

„Bisher wussten wir nicht, wohin sie ziehen“, sagt Harrison. „Aber jetzt haben wir einen seltenen Einblick erhalten, wie weit sie durch ausgedehnte Ozeanregionen schwimmen können, um ein neues Zuhause zu finden.“ Diese Fähigkeit ist auch für das Überleben der Art äußerst wichtig: „Zu wissen, wie sich Fischlarven ausbreiten, hilft uns auch zu begreifen, wie sich Fischpopulationen an Umweltveränderungen anpassen“, so Harrison. „Je weiter sie schwimmen können, desto besser werden sie damit fertig.“

(PLOS ONE, 2014; doi: 10.1371/journal.pone.0107610)

(ARC Centre of Excellence in Coral Reef Studies, James Cook University, 18.09.2014 – AKR)

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