Freispruch für die Eiszeit: Die Wüste Sahara entstand nicht erst mit Beginn des Eiszeitalters vor rund zwei Millionen Jahren. Stattdessen ließ das drastische Schrumpfen des Mittelmeer-Vorläufers Tethys Nordafrika austrocknen – und dies schon vor rund sieben Millionen Jahren, wie Forscher im Fachmagazin „Nature“ berichten. Dieser urzeitliche Klimawandel könnte auch für die Enwicklung unserer Vorfahren eine wichtige Rolle gespielt haben.
Die Sahara ist die größte Wüste der Erde – von den Eiswüsten der Polarregionen mal abgesehen. Wann dieses Riesengebiet von der fruchtbaren Ebene zur Wüste wurde, war bisher unklar, meist galt aber der Beginn des Eiszeitalters vor rund zwei Millionen Jahren als Auslöser dafür. Ab dann, so die gängige Lehrmeinung, wurde das Klima in Nordafrika trockener und wechselhafter. Kurze feuchtere Perioden wechselten sich mit langen Dürrezeiten ab.
Rätsel der Dünenablagerungen
Es gibt aber einige Funde, die mit dieser Theorie nicht erklärbar sind, wie Zhongshi Zhang vom Bjerknes Centre for Climate Research in Bergen und seine Kollegen berichten. So hat man im Norden des Tschad urzeitliche Dünenablagerungen entdeckt, die bereits sieben Millionen Jahre alt sind. Zumindest in diesem Gebiet muss es demnach schon sehr viel früher eine Wüste gegeben haben.
„Dieser Beleg für ein früheres Entstehen der Sahara war aber bisher heiß umstritten“, so Zhang und seine Kollegen. Um den Disput um das Alter der Sahara zu beenden, suchten die Forscher mit Hilfe einer Simulation von Klima und Plattentektonik dieser Region nach einer Erklärung. Sie modellierten die Veränderungen der Kontinente in den letzten 30 Millionen Jahren und überprüften, wie dies das Klima und auch Klimaphänomene wie den afrikanischen Monsun beeinflusst hat.
Austrocknung schon vor sieben Millionen Jahren
Wie sich zeigte, erlebte Nordafrika bereits im Miozän eine deutliche Verschlechterung des Klimas. Schon vor rund 20 Millionen Jahren dominierte im Gebiet der heutigen Sahara ein Klima, wie es heute für Trockensavannen typisch ist. Endgültig zur Wüste aber wurde das Gebiet etwa vor sieben Millionen Jahren, wie die Simulation zeigte. Und sie erlaubte auch Rückschlüsse auf die Ursache dafür.
Denn parallel zur zunehmenden Austrocknung des Klimas veränderte sich auch die Verteilung von Land und Meer in dieser Region des Globus: Afrika, die arabische Platte und Eurasien wanderten aufeinander zu und ließen die zwischen ihnen liegende Tethys, das Vorläufermeer des Mittelmeeres, immer weiter schrumpfen. Am Ende des Miozän, vor rund sieben Millionen Jahren, beschleunigte sich dies drastisch: Die arabische Halbinsel blockierte den zuvor nach Süden hin offenen Arm der Tethys und schnitt diesen Meeresarm damit quasi ab.
Schrumpfendes Meer verändert Klima
„Diese Schrumpfung der Tethys verursachte eine Umorganisation des atmosphärischen Feuchtigkeitstransports“, berichten die Forscher. Die Winde änderten sich, zudem wurde weniger feuchte Luft vom Meer auf das Land befördert. Als Folge regnete es im Norden Afrika weniger, nach und nach breitete sich die Wüste aus.
Aber nicht nur das: Die Simulation ergab auch, dass die tektonischen Veränderungen jener Zeit den Afrikanischen Sommermonsun beeinflussten. Sie machten ihn anfälliger für Störeinflüsse und ließen seine Stärke fortan stärker schwanken als zuvor, wie Zhang und seien Kollegen berichten. Dadurch begann auch das Klima im Gebiet der heutigen Sahara periodisch zu schwanken. „Trockene Bedingungen überwogen dadurch zwar, aber periodische Fluktuationen sorgten dafür, dass die Sahara zwischendurch auch immer wieder kurzzeitig grün wurde“, so die Forscher. Diese zehntausende von Jahren dauernden Zyklen seien bis heute nachweisbar.
Einfluss auch auf die Menschheitsgeschichte
Nach Ansicht der Forscher zeigt ihre Simulation, dass die Sahara und ihr typisches Klima schon lange vor Beginn der Eiszeit entstanden. Bereits vor sieben Millionen Jahren wurde aus einer permanent grünen, fruchtbaren Region eine Wüste, unterbrochen nur von kurzen, etwas feuchteren Perioden. Dieser Klimawechsel könnte nicht nur die Dünenablagerungen des Tschad erklären.
Er könnte auch den Anstoß für unsere eigenen Evolution gegeben haben: „Der deutliche Wechsel zu den heute vorherrschenden Klimabedingungen in dieser Region hat wahrscheinlich auch die Entwicklung der Hominiden in Afrika beeinflusst, so Zhang und seine Kollegen. Als das Klima trockener wurde, zwang dies unsere fernen Vorfahren dazu, sich an die neue, waldarme Umgebung anzupassen – und setzte so allmählich den Übergang von affenähnlichen Vormenschen zum Menschen in Gang. (Nature, 2014; doi: 10.1038/nature13705)
(Nature, 18.09.2014 – NPO)