Rasante Verbreitung: In nur zwei Stunden kann sich ein Virus von nur einer einzigen kontaminierten Türklinke über ein ganzes Bürogebäude ausbreiten. Das belegt ein Experiment von US-Forschern. Über direkten Kontakt übertragene Viren wie das Durchfall erregende Norovirus können so in Windeseile ganze Gebäude verseuchen, warnen die Forscher – wenn keine entsprechenden Hygienemaßnahmen durchgeführt werden.
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Noroviren gehören zu den häufigsten Verursachern von Magen-Darm-Infekten beim Menschen. Die sehr widerstandsfähigen Viren werden über kontaminierte Lebensmittel und Gegenstände oder durch Schmierinfektion übertragen und können heftige Brech-Durchfälle auslösen. Weil das Virus hochinfektiös ist, reichen dabei schon weniger als 100 Virenpartikel für eine Ansteckung aus.
Welche Folgen dies haben kann, zeigte sich im Herbst 2012: In Ostdeutschland verkaufte Tiefkühl-Erdbeeren waren damals mit den Viren verseucht. Durch den Verzehr der Erdbeeren, vor allem aber durch die dann folgende Weiterübertragung breitete sich die Norovirus-Epidemie in 390 Schulen und Kindergärten in Ostdeutschland aus. Mit mehr als 10.000 Fällen handelte es sich nach Angaben des Robert-Koch-Instituts (RKI) in Berlin um den bisher größten lebensmittelbedingten Ausbruch eines Darminfekts in Deutschland.
Experiment im Bürohaus und im Pflegeheim
Wie schnell sich Noroviren und ähnliche Erreger von einer Quelle aus ausbreiten können, haben Charles Gerba von der Universitys of Arizona in Tucson und seine Kollegen in einem ebenso simplen wie genialen Experiment untersucht. Sie kontaminierten dafür in einem Bürogebäude und in einem Pflegeheim morgens früh jeweils eine oder zwei häufig angefasste Oberflächen – eine Türklinke oder die Tischplatte eines Konferenztisches.
Dabei verwendeten sie nicht die krankmachenden Noroviren, sondern einen ähnlich widerstandsfähigen, aber für Menschen völlig harmlosen Bacteriophagen – ein Virus, das Bakterien befällt. Im Laufe des Tages nahmen die Forscher dann in regelmäßigen Abständen Abstriche von 60 bis 100 Oberflächen wie Lichtschaltern, Bettgestellen, Türklinken, Computern, Tischplatten oder den Henkeln von Kaffeekannen. Auch Proben von den in den Gebäuden Arbeitenden sammelten die Forscher und analysierten alle auf die Präsenz von Bacteriophagen hin.
Rasante Durchseuchung – und eine simple Abhilfe
Das Ergebnis: „Innerhalb von zwei bis vier Stunden waren 40 bis 60 Prozent der Oberflächen mit Viren kontaminiert“, berichtet Gerba. Auch die Angestellten in den Gebäuden waren zu diesem Zeitpunkt bereits ähnlich stark durchseucht. Dies zeige, wie schnell sich ein solches Virus ausbreiten könne und wie schnell Gebäude von nur einer einzigen Quelle aus kontaminiert werden können, so die Forscher.
Ihr Experiment zeigte aber auch, wie sich eine solche Virenausbreitung eindämmen lässt: „Der Einsatz von Desinfektionstüchern mit Quartären Ammoniumverbindungen, kombiniert mit Handhygiene, reduziert die Virenausbreitung um 80 bis 99 Prozent“, berichtet Gerba. Hauptgegenmittel ist dabei das regelmäßige Abwischen von besonders häufig angefassten Stellen wie Türklinken oder Telefonen und häufiges und gründliches Händewaschen – also sehr einfache und leicht umzusetzende Hygienemaßnahmen.
(American Society for Microbiology, 09.09.2014 – NPO)