Von einem Meer ins andere: Gelangt Plastikmüll ins Meer, wird er oft weitab seines Ausgangsorts Teil eines der großen marinen Müllstrudel. Woher die Abfälle in ihnen stammen, lässt sich nun dank eines neuen Modells leichter feststellen. Es enthüllt, dass die Weltmeere keineswegs so streng voneinander getrennt sind wie oft angenommen. Strömungen verdriften den Plastikmüll daher auch auf bisher unerwarteten Wegen, wie die Forscher im Fachmagazin „Chaos“ berichten.
Sie sind die großen Mülldeponien der Meere: Im Pazifik, aber auch in anderen Meeresgebieten, treiben Strömungen menschliche Plastikabfälle zu gewaltigen schwimmenden Müllstrudeln zusammen. In ihnen übertrifft die Masse der Kunststoffteile die des Planktons und anderer Meeresbewohner bei weitem. Mindestens fünf solcher Müllstrudel haben Forscher bisher ausgemacht, der größte von ihnen, der Great Pacific Garbage Patch, liegt zwischen Hawaii und der Küste von Kalifornien.
Überraschende Verbindungen
Woher der Müll in diesen gewaltigen Strudeln stammt, war bisher nur schwer festzustellen. Gary Froyland und seine Kollegen von der University of New South Wales in Sydney haben daher nun ein Modell entwickelt, dass bei der Herkunftsbestimmung der Abfälle hilft. „Statt einen Supercomputer einzusetzen, um die Zillionen von Wassermoleküle auf ihrem Weg durch die Ozeane zu verfolgen, haben wir ein kompaktes Netzwerkmodell entwickelt, das das Essenzielle wiedergibt: Wie die Strömungen verschiedene Bereiche der Meere miteinander verbinden“, erklärt Froyland.
Dieses Modell förderte prompt Überraschendes zutage: Einige Gebiete im Indischen und Pazifischen Ozean sind viel enger mit dem Südatlantik verkoppelt als mit dem Rest ihrer eigenen Meeresgebiete. Umgekehrt gehört ein Stückchen des Indischen Ozeans rein strömungstechnisch eher zum Südpazifik, wie die Forscher berichten. „Im Prinzip haben wir damit die Grenzen der Meeresbecken neu definiert, ausgehend davon, wie sich das Wasser in ihnen bewegt“, erklärt Koautor Erik van Sebille.
Müll aus Ostafrika im Südatlantik
Der Einblick darin, wo sich Wasser der Meere mischen und wo durch Strömungen eher Barrieren entstehen, hilft auch, die Herkunft des Plastikmülls im Ozean herauszufinden. Und auch dabei gab es einige Überraschungen: „In einigen Fällen kann ein sehr weit entferntes Land direkt zum Müllstrudel beitragen“, sagt Froyland. So gelangt Abfall aus Madagaskar und Mozambique höchstwahrscheinlich in den Müllstrudel im Südatlantik – obwohl beide Länder direkt an den Indischen Ozean grenzen. Umgekehrt kann Müll aus Australien durchaus im Nordpazifik enden.
Wie lange dieser Transport durch Wasser und Wind dauert, lässt sich nun ebenfalls mit Hilfe des Modells ermitteln. Das könnte dabei helfen, das Müllproblem der Meere zu lösen, indem die Hauptquellen ausfindig gemacht und verstopft werden. Gleichzeitig liefern die neuen Erkenntnisse auch wichtige Informationen für ökologische Studien, beispielsweise zur Verbreitung oder Wanderung von Meeresorganismen. (Chaos, 2014; doi: 10.1063/1.4892530)
(American Institute of Physics (AIP), 03.09.2014 – NPO)