Verzerrte Sicht, farbige Ringe oder ein grauer Fleck im Gesichtsfeld: Das sind typische Symptome einer Retinopathia centralis serosa (RCS), einer krankhaften Netzhautveränderung. Sie trifft überraschend oft Männer im jungen und mittleren Alter – und unter diesen vor allem die ehrgeizigen und gestressten. Kein Wunder: Stresshormone gelten inzwischen als (Mit)Auslöser dieser „Managerkrankheit“ des Auges, wie Augenärzte feststellten.
Wenn ein grauer Fleck im Gesichtsfeld erscheint, Gegenstände verzerrt gesehen werden, das Lesen schwerfällt und die Farben nicht mehr stimmen, dann ist es höchste Zeit, einen Augenarzt aufzusuchen. Denn diese Symptome sind typisch für eine Retinopathia centralis serosa (RCS). Bei ihr dringt Flüssigkeit durch ein Leck unter die Netzhaut und wölbt sie nach oben. In schweren Fällen kommt es zu Mikrorissen und zum Austritt der Flüssigkeit in den Augapfel.
Stress-Persönlichkeiten sind häufiger betroffen
Die Ursache der RCS ist bislang unbekannt. Doch die Forscher vermuten seit Längerem einen Zusammenhang mit der Persönlichkeit der Patienten. „Typischerweise sind es jüngere Männer unter 50 Jahren, die wegen neu aufgetretener Sehstörungen in die Sprechstunde kommen“, berichtet Johann Roider, Präsident der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft (DOG). Auf den Augenarzt wirken die Männer – Frauen sind achtmal seltener betroffen – oft jung und dynamisch, ehrgeizig, ungeduldig und angesichts der Sehstörungen stark verunsichert.
„Untersuchungen zeigen, dass viele Patienten eine sogenannte Typ A-Persönlichkeit haben, die mit erhöhter Konzentration des Stresshormons Cortisol im Blut einhergeht“, erläutert Roider. Unter Augenärzten gilt diese Erkrankung daher auch als „Managerkrankheit“ des Auges. Weitere Ursachen wie Durchblutungsstörungen, eine genetisch bedingte Anfälligkeit oder eine Infektion mit dem Magenkeim Helicobacter pylori werden allerdings ebenfalls diskutiert. Die Experten raten jedoch dringend dazu, bei RCS-Symptomen einen Augenarzt aufzusuchen.
Die augenärztliche Untersuchung ergibt häufig zunächst nur eine leichte Weitsichtigkeit. Um die Veränderungen auf der Retina – der Netzhaut des Auges – zu finden, muss der Augenarzt genauer hinsehen. Oft gelingt die Diagnose nur mit einem Spezialgerät, bei dem ein diagnostischer Laserstrahl die Retina abtastet. Er zeigt, dass sich die Netzhaut an manchen Stellen leicht angehoben hat. „Darunter sind häufig Flüssigkeitsansammlungen zu erkennen“, so Roider.
Meist heilt es von selbst, sonst muss der Laser ran
Die meisten Patienten erholen sich bald wieder von den Sehstörungen. „Die Retinopathia centralis serosa hat eine hohe Spontanheilungsquote“, berichtet Roider. Eine Erkrankungsepisode dauere in der Regel drei bis sechs Monate. Bei einigen Patienten kommt es jedoch immer wieder zu Rückfällen, sie sind über Monate krankgeschrieben. „In diesen Fällen raten wir zu einer Behandlung“, so der Experte. Allerdings: Medikamente, die die Wirkung der Glukokortikoide hemmen, sind meist ebenso erfolglos wie Betablocker.
„Wir empfehlen daher eine Laserbehandlung oder eine Photodynamische Therapie (PDT)“, rät der DOG-Experte. Dabei verklebt der Augenarzt die Netzhaut durch Laserlicht mit dem Untergrund. Diese Behandlung ist heute Standard bei Netzhautablösungen. „Neue Varianten haben das Komplikationsrisiko gesenkt, so dass die Therapie auch bei den meist jüngeren Patienten eingesetzt werden kann“, betont Roider.
(Deutsche Ophthalmologische Gesellschaft (DOG), 29.08.2014 – NPO)