Einfühlsame Rechenmaschine: Computer könnten künftig unsere Gefühle erkennen – nicht nur daran, was wir schreiben, sondern auch wie wir dies tun. Denn auch die Tastaturanschläge verraten einiges über unseren Gefühlszustand. Dass dies funktioniert, zeigt ein Experiment von Forschern aus Bangladesch. Ihr Programm kombiniert Text- und Tastaturauswertung, um daran die Emotionen der Probanden abzulesen.
Ob man entspannt einen erfreuten Facebook-Kommentar verfasst oder rasend vor Wut über die langsame Internetverbindung die Tastatur malträtiert – den meisten Computern ist bislang egal, in welcher Stimmung sich sein Benutzer befindet. Zwar gibt es Ansätze, anhand der Anschlagsdynamik auf der Tastatur oder über die Wortwahl beim Schreiben auf die Emotionen des Nutzers zu schließen. Solche Techniken stecken aber bislang noch in den Kinderschuhen.
Kombinierte Ansätze erhöhen Genauigkeit
Durch die Arbeit von Nazmul Haque Nahin und seinen Kollegen von der Islamischen Universität für Technik in Bangladesch könnte sich das ändern: Die Wissenschaftler haben erstmals beide bisherigen Ansätze, Anschlagsdynamik und Textanalyse, miteinander kombiniert. Dazu sammelten sie zunächst Daten, indem sie Versuchspersonen ihren Gefühlszustand notieren ließen, während die Probanden entweder einen vorgegebenen Text abtippten oder frei am Computer schrieben. Die Forscher konzentrierten sich dabei auf Freude, Furcht, Ärger, Traurigkeit, Abscheu, Scham und Schuld.
Ein mit den gewonnenen Informationen gefütterter Computer war anschließend in der Lage, bis zu einem gewissen Grad die Emotionen eines Benutzers zu erkennen. Noch weiter verbesserte sich dies aber, als die Forscher die zweite Technbik mit hinzunahmen: ein Algorithmus wertete aus, wie stark und wie schnell die Nutzer auf ihre Tastatur einhämmerten. Denn auch dies kann unsere Emotionen verraten. Tatsächlich konnte der Comnputer durch die Kombination von Anschlagsdynamik und Texterkennung die Gefühle der Probanden deutlich besser erkennen als nur über die Texte allein. Besonders zuverlässig ließen sich Freude und Ärger bestimmen: Hier lagen die Genauigkeiten bei jeweils 87 und 81 Prozent.
Computer soll mehr Verständnis zeigen
Computer, die die Stimmung des Benutzers erkennen und auf seine Emotionen reagieren, ließen sich den Wissenschaftlern zufolge viel effizienter bedienen: Lernsoftware beispielsweise könnte Inhalte und Bedienelemente automatisch an die Bedürfnisse von gelangweilten oder überforderten Schülern anpassen. Spiele könnten den Schwierigkeitsgrad senken, sobald der Spieler frustriert oder verärgert ist. Generell soll sich auf diese Weise die Interaktion zwischen Mensch und Computer verbessern und beschleunigen – der Computer soll schlicht und einfach mehr Verständnis zeigen.
Trotz aller technologischen Fortschritte der letzten Jahrzehnte hinken Computer in diesem Bereich hinterher, so die Wissenschaftler. Daher sei bis zum verständnisvollen Computer noch viel Arbeit nötig. Nahin und Kollegen planen aber bereits den nächsten Schritt in diese Richtung: Sie wollen ihren kombinierten Ansatz weiter verbessern und auch um Spracherkennung erweitern. So soll der Computer auch Unterhaltungen folgen und daraus Emotionen ableiten können.
(Behaviour & Information Technology, 2014; doi: 10.1080/0144929X.2014.907343)
(Taylor & Francis, 22.08.2014 – AKR)