Astronomie

Astronomen entdecken „Transformer“-Pulsar

Neutronenstern schaltet um zwischen Radiowellen und Gammastrahlen

Der Millisekunden-Pulsar J1023 schaltete im Juni 2013 von Radiowellen auf Gammastrahlen um. © NASA

Rätselhafter Wechsel: Astronomen haben erstmals einen Pulsar beobachtet, der von Radiowellen auf Gammastrahlen umschaltet und dann wieder zurück. Ursache dieses seltsamen Wandels ist offenbar die Wechselwirkung des Pulsars mit seinem kleineren Begleitstern. Sie könnte auch erklären, wie solche veränderlichen Millisekunden-Pulsare entstehen – und wie sie enden, wie die Forscher im Fachmagazin Astrophysical Journal“ berichten.

Der Millisekunden-Pulsar J1023 schaltete im Juni 2013 von Radiowellen auf Gammastrahlen um.© NASA

Millisekunden-Pulsare sind per se schon reichlich exotisch: Diese dichten Neutronensterne senden gewaltige Jets von Radiowellen und energiereicher Strahlung aus und rotieren dabei mit enormen Geschwindigkeiten. Pro Minute absolvieren sie dabei bis zu 43.000 Umdrehungen. Die Energie und Triebkraft dafür ist das ebenfalls schnell rotierende Magnetfeld dieser Sterne. Mehr als die Hälfte aller bekannten Millisekunden-Pulsare sind zudem Teil eines Doppelsternsystems. Astronomen gehen davon aus, dass ein Materietransfer vom kleineren Begleitstern die Pulsare zusätzlich antreibt.

Plötzliche Transformation

Ein solcher Millisekunden-Pulsar in einem Doppelsternsystem ist auch PSR J1023+0038, oder kurz J1023 genannt. Dieser 1,7 Millisekunden-Pulsar liegt rund 4.400 Lichtjahre von der Erde entfernt und wird von einem Stern eng umkreist, der nur ein Fünftel der Sonnenmasse besitzt. Da der Begleitstern nur 4,8 Stunden für einen Umlauf benötigt, liegt nahe, dass auch er Masse an den Pulsar verliert. Um diesen Prozess genauer zu beobachten, wird er von Astronomen mit Hilfe zweier Radioteleskope seit einiger Zeit überwacht.

Im Juni 2013 jedoch zeigte sich Seltsames: Plötzlich hörte der Pulsar auf, Radiowellen auszusenden und emittierte stattdessen energiereiche Gammastrahlen-Pulse, wie Beobachtungen mit dem Fermi-Gammastrahlenteleskop der NASA ergaben. „Es ist fast, als hätte jemand einen Schalter umgelegt, der das System von einem niedrigen Energiezustand in einen höheren wandelt“, erklärt Studienleiter Benjamin Stappers von der University of Manchester.

Gasscheibe ist im Weg

Ähnliches hatten Astronomen bereits kurz zuvor bei einem weiter entfernten Pulsar beobachtet, der nach einiger Zeit wieder in seinen alten Zustand der Radiowellen zurückfiel. Doch was dabei genau geschieht, ließ sich erst bei dem näheren J1023 beobachten. „Dieser Wandel scheint eine unregelmäßige Wechselwirkung zwischen dem Pulsar und seinem Begleitstern zu reflektieren“, sagt Stappers. Demnach saugt der Pulsar einen Gasstrom von seinem leichteren Begleiter ab. Ab und zu schwillt dieser Gasstrom an und es bildet sich eine Gas- und Materiescheibe um den Pulsar.

Dies aber hat zwei Konsequenzen: Zum einen versperrt die Gasscheibe den Radiojets den Weg, so dass diese zeitweilig geschluckt werden. Zum anderen aber erhitzen die schnelle Rotation und das starke Magnetfeld des Pulsars das Material am Innenrand der Scheibe so stark, dass dieses beginnt, energiereiche Röntgenstrahlen auszusenden. Schockwellen erzeugen zusätzlich Gammastrahlen-Emissionen.

Wie die Astronomen berichten, ist J1023 damit das erste Beispiel für einen veränderlichen, kompakten Gammastrahlen-Pulsar. Von seiner Beobachtung erhoffen sie sich nun mehr Aufschluss über die Entwicklung solcher exotischer Millisekunden-Pulsare. (The Astrophysical Journal, 2014; doi: 10.1088/0004-637X/790/1/39)

(NASA, 23.07.2014 – NPO)

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