Kometenhafte Gummiente? Von der Raumsonde Rosetta aufgenommene Bilder zeigen, dass der Kern ihres Zielkometen offenbar aus zwei Brocken zusammengesetzt ist – mit „Kopf“ und „Körper“ erinnert er die Astronomen an ein Quietsche-Entchen. Ob die ungewöhnliche Form auch die geplante Landung auf dem Kometen erschwert, ist noch unklar.
Der Zielkomet der Raumsonde Rosetta sorgt weiter für Überraschungen, noch bevor die Sonde ihr Ziel überhaupt erreicht hat: Neue Aufnahmen zeigen, dass der Komet 67P/Churyumov-Gerasimenko offenbar aus zwei Teilen zusammengesetzt ist. Während des Anflugs der ESA-Raumsonde hatten Astronomen zunächst eine überraschend frühe Aktivität des Kometen beobachtet. Weiterhin speit er ungewöhnliche Mengen Wasser ins All, während er sich der Sonne nähert.
Abstand alles andere als astronomisch
Die neuen Bilder von 67P/Churyumov-Gerasimenko entstanden bereits am 14. Juli mit Hilfe des wissenschaftlichen Kamerasystems OSIRIS an Bord von Rosetta. „Der Abstand zwischen Rosetta und 67P ist mittlerweile alles andere als astronomisch“, sagt Holger Sierks vom Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung (MPS), Leiter des OSIRIS-Teams. „Beide trennt nur noch eine Entfernung von weniger als 12.000 Kilometern. Das ist vergleichbar mit einer Reise von Deutschland nach Hawaii.“
Während es jedoch geradezu aussichtslos wäre, von Deutschland aus einen Schnappschuss des Mauna Kea, des höchsten Berges Hawaiis, aufzunehmen, fängt die OSIRIS-Kamera an Bord von Rosetta immer klarere Bilder ihres Zieles ein. Daher ist nun auch die zweigeteilte Form von 67P/Churyumov-Gerasimenko erkennbar. „Dieser Komet scheint völlig anders zu sein als jeder andere, den wir zuvor gesehen haben“, beschreibt OSIRIS-Projektmanager Carsten Güttler vom MPS. „Die Bilder erinnern mich vage an ein Quietsche-Entchen“, fügt er lachend hinzu.
Zusammenprall vor 4,5 Milliarden Jahren?
Wie der Komet diese entenförmige Gestalt erhielt, ist unklar. „Zu diesem Zeitpunkt wissen wir einfach noch zu wenig über 67P. Wir können kaum mehr als raten“, so Sierks. Möglich ist, dass die beiden Einzelteile bereits während der Entstehung des Sonnensystems vor 4,5 Milliarden Jahren zusammenprallten. Ihre Geschwindigkeit war dabei so niedrig, dass sie aneinander haften blieben und seitdem einen gemeinsamen Kometenkern bilden.
Die eigenartige Form des Kometenkerns hat auch großen Einfluss auf den zweiten Teil der Rosetta-Mission: den Einsatz der Landeeinheit Philae. Nachdem Rosetta im August in eine Umlaufbahn um Churyumov-Gerasimenko einschwenken wird, soll Philae im November auf dem Kometen selbst landen. Es wäre die erste Landung einer Raumsonde auf einem Kometen überhaupt.
Suche nach einem Landeplatz
Dazu ist jedoch ein geeigneter Landeplatz auf dem etwa drei mal fünf Kilometer großen Brocken nötig. „Für die Landung ist es vor allem wichtig zu wissen, wie der Komet im Detail aussieht und wie genau die beiden Teile miteinander zusammenhängen“, sagt Koen Geurts vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt in Köln. Er ist aber optimistisch: „Bisher sieht es immerhin so aus, als gäbe es auch größere und flache Regionen auf dem Kometen.“
Zumindest die Stelle, an der beide Teile miteinander verbunden sind, kommt als Landeplatz aber sehr wahrscheinlich nicht in Frage. Neben einem geeigneten, möglichst flachen Terrain sollte an dem Landeplatz auch ein Tag- und Nachtrhythmus herrschen, damit zum einen Lander Philae stundenweise ohne Sonneneinstrahlung abkühlen kann und zum anderen die wissenschaftliche Forschung unter verschiedenen Bedingungen ablaufen kann. Auch die regelmäßige Verbindung zur Raumsonde Rosetta ist für das Lander-Team notwendig, um aufgezeichnete Daten zur Erde senden und die Datenspeicher leeren zu können.
Rosetta wird bald auch die letzten Kilometer überwunden und ihr Ziel erreicht haben. Die Wissenschaftler hoffen, in den folgenden Monaten mehr über die physikalischen und mineralogischen Eigenschaften des Körpers zu erfahren. Diese könnten helfen zu klären, ob der „Kopf“ und der „Körper“ des Kometen ursprünglich zwei getrennte Objekte waren.
(Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung / Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt, 18.07.2014 – AKR)