Auch fleißige Bienen brauchen Ruhepausen: Biologen haben herausgefunden, dass Honigbienen auch ihre Schlafphasen strikt organisieren. Je nach Berufsgruppe schlafen die Bienen zu verschiedenen Zeiten und auch in anderen Teilen des Stocks. Einige nehmen dabei sogar eine skurril baumelnde Schlafhaltung ein, wie die Überwachung eines Bienenvolkes rund um die Uhr zeigte.
Die Aktivitäten in einem Bienenvolk sind durch eine strikte Arbeitsteilung bestens organisiert: Waben reinigen, Brut und Königin füttern, Wachs produzieren und Waben bauen, vor dem Stock Wache halten, Nektar und Pollen sammeln – all diese Aufgaben werden jeweils von bestimmten „Berufsgruppen“ erledigt.
Aber wie verhält es sich mit den Schlaf- und Ruhephasen? Bleiben die Bienen einfach an Ort und Stelle eine Weile inaktiv, um sich auszuruhen, egal wo sie gerade sind? Oder zeigt das Bienenvolk auch beim Schlafverhalten berufsgruppenspezifische Muster? Um diese Fragen zu beantworten, haben Biologen um Jürgen Tautz von der Universität Würzburg sich ein Bienenvolk rund um die Uhr genauer angeschaut. Mit dem System „Hobos“ (für „Honeybee Online Studies“) überwachen sie das Geschehen im Bienenstock mit verschiedenen Sensoren und Kameras und können die Daten online in Echtzeit mitverfolgen.
Getaktete Schlafphasen
Damit fanden die Biologen heraus: Die Bienen schlafen in der Tat nach Berufsgruppen getrennt. Junge Bienen, die im Innendienst eingesetzt sind, schlafen in leeren Zellen der Waben nahe beim Zentrum des Stocks, meistens im Brutbereich. Sie durchlaufen täglich mehrere Schlafphasen, die sich auf Tag und Nacht verteilen. „Im Brutbereich herrscht rund um die Uhr emsiges Treiben“, erklärt Tautz, „darum schläft es sich dort in leeren Zellen vermutlich am ungestörtesten.“
Wenn die Bienen vom Innen- zum Außendienst wechseln, verschieben sich ihre Schlafphasen allmählich. „Je älter die Bienen werden, desto weniger schlafen sie“, so Tautz weiter. „Als Sammelbienen zeigen sie einen deutlichen Tag-Nacht-Rhythmus im Schlafverhalten. Sie schlafen dann generell außerhalb von Zellen und näher am Rand der Waben. Dort dürften sie in der Nacht weitgehend ungestört sein.“
Neue Schlafhaltung: entspanntes Baumeln
Mit Hobos haben die Würzburger Forscher bei Bienen jetzt auch eine bislang unbekannte Schlafhaltung entdeckt: Die Tiere klemmen sich dabei mit Kopf und Hinterleibsende zwischen zwei Waben und lassen ihre Fühler und Beine ganz entspannt baumeln. In dieser Stellung können sie bis zu 30 Minuten komplett regungslos verharren. Ansonsten bleiben Bienen beim Schlafen einfach auf der Stelle sitzen und lassen ihre Fühler hängen.
Das Insekten überhaupt schlafen, ist noch eine recht junge Erkenntnis: Erst seit 1983 ist Schlaf bei Honigbienen und Küchenschaben bekannt. Die Tatsache, dass auch Nicht-Wirbeltiere echtes Schlafverhalten zeigen, hat damals viele Wissenschaftler überrascht. „Im Lauf der Zeit sind immer mehr Ähnlichkeiten zwischen dem Schlaf der Bienen und dem Schlaf der Menschen ans Licht gekommen“, sagt Tautz. Wurde der Bienenschlaf zunächst nur an Phasen der Bewegungslosigkeit festgemacht, stellte man später auch bei den fleißigen Insekten unterschiedlich tiefe Schlafphasen fest. Wie beim Menschen sorgt auch bei Bienen ein Schlafentzug dafür, dass sich die Lern- und Kommunikationsfähigkeit verringert.
Funktion des Schlafs noch unbekannt
Eine weitere Gemeinsamkeit: Zur biologischen Funktion des Schlafes bleiben auch bei Bienen viele Fragen ungelöst. In der Wissenschaft gibt es zwar unterschiedliche Erklärungen, aber keine davon ist allgemein anerkannt. Eine Hypothese geht zum Beispiel davon aus, dass sich der Organismus im Schlaf regeneriert. Eine andere betrachtet den Schlaf als Energiesparmaßnahme, und eine dritte besagt, dass das Gehirn im Schlaf wichtige von unwichtigen Informationen trennt und das Gedächtnis sinnvoll belädt.
Zumindest über den Schlaf der Bienen wollen die Biologen mit Hilfe von Hobos noch weitere Details herausfinden. Die Online-Beobachtung des Bienenstocks ist für jedermann frei zugänglich.
(PLOS ONE, 2014; doi: 10.1371/journal.pone.0102316)
(Julius-Maximilians-Universität Würzburg, 18.07.2014 – AKR)