Rätselhafte Haarproben: Ob es Yeti, Bigfoot und Co gibt, ist fraglich. Deshalb haben Forscher jetzt mit Hilfe von Haarproben nach Beweisen für diese Rätselwesen gesucht. Ihr Fazit: Bis auf zwei stammen alle von ganz normalen Tieren, meist Bären oder Kühen. Zwei Proben allerdings geben Rätsel auf – und deuten darauf hin, dass es im Himalaya doch ein noch unbekanntes Tier geben könnte.
Ob als Yeti, Bigfoot, Almasty oder Sasquatch – in vielen Regionen der Erde kursieren Gerüchte über seltsame Wesen. Wissenschaftliche Beweise für ihre Existenz fehlen allerdings bisher. Mehr als verwackelte Fotos, ein paar Haare und Fußabdrücke gibt es nicht. Kein einziger Kadaver, kein Knochen oder Fossil ließ sich einem solchen Wesen zuordnen. Wissenschaftlich gelten Yeti und Co daher bisher als nicht existent, oder zumindest als unbewiesen. „Die moderne Wissenschaft hat dieses Thema bisher eher gemieden“, erklären Bryan Sykes von der University of Oxford und seine Kollegen. Dies wollten sie ändern.
Haarproben von Yeti und Co
Im Jahr 2012 baten die Forscher daher Museen und Sammler, die Haare solcher möglicher Rätselwesen besitzen, ihnen Proben der Haare zuzuschicken. Die Forscher reinigten diese gründlich, um eine Kontamination zu vermeiden und isolierten anschließend daraus einen bestimmten Abschnitt der mitochondrialen DNA. Dieses Erbgut stammt nicht aus dem Zellkern der Haarwurzelzellen, sondern aus deren Zellkraftwerken, den Mitochondrien. Weil diese DNA oft besser erhalten ist als die Kern-DNA, wird sie oft für Genanalysen von alten oder urzeitlichen Knochen oder Haaren herbeigezogen.
Tatsächlich gelang es den Wissenschaftlern mit Hilfe dieser Gensequenzen, immerhin 30 Proben genetisch eindeutig einer Tiergattung zuzuordnen. Das Ergebnis: Die große Mehrheit der Haare stammt nicht von unbekannten Primaten, sondern Wölfen, Grizzlybären, Kühen oder Pferden – und demnach von großen Säugetieren, die bestens bekannt sind und im Fundgebiet der Haare leben.
Rätselhafte Ausnahmen
Allerdings gab es zwei überraschende und durchaus ein wenig rätselhafte Ausnahmen: Eine goldbraune Haarprobe stammte von einem Tier, dass ein Jäger vor rund 40 Jahren im indischen Ladakh geschossen hatte und von dem er berichtete, es habe sich deutlich anders verhalten als die normalen Braunbären der Region. Die andere, eher rötlichbraune Probe wurde in einem Bergbambuswald in Bhutan entdeckt, dort sammelten Einheimische sie aus einem Nest, das sie dem Migyhur zuschreiben, der bhutanesischen Variante des Yeti.
Wie die Forscher berichten, ergab die Genanalyse beider Proben eine unerwartete Übereinstimmung mit der DNA eines 40.000 Jahre alten fossilen Eisbären. Dies ist aus gleich zwei Gründen überraschend: Zum einen gibt es nach heutigem Wissen im Himalaya keine Eisbären, zum andern weicht die DNA der Proben vom Genmuster der modernen arktischen Eisbären ab, erklären Sykes und seine Kollegen.
Urzeit-Hybride eines Eisbären?
Noch ist das untersuchte DNA-Stück zu kurz, um eindeutig zu klären, worum es sich bei diesen rätselhaften Bärenhaaren wirklich handelt. Nach Ansicht der Forscher kommen aber drei Erklärungen in Betracht: Es könnte im Himalaya eine ganz neue Bärenart geben, die genetisch dem urzeitlichen Eisbären ähnelt, oder es lebt dort eine bisher unbekannte bräunlich gefärbte Variante des Eisbären. Möglich wäre aber auch, dass es sich um Hybriden aus Braunbären und Eisbären handelt.
Solche Kreuzungen hat man in den letzten Jahren auch schon in Alaska entdeckt, allerdings passt deren genetisches Profil nicht zu den beiden Haarproben aus dem Himalaya, wie die Wissenschaftler berichten. Wahrscheinlicher wäre es daher, dass die Rätselbären aus Ladakh und Bhutan von Hybriden abstammen, die schon kurz nach der Aufspaltung von Braun- und Eisbären entstanden. „Wenn solche Bären tatsächlich im Himalaya weit verbreitet sind, dann könnten sie die biologische Grundlage der Yeti-Legende sein“, konstatieren Sykes und seine Kollegen. Weitere DNA-Analysen müssen nun klären, von welcher unbekannten Bärenvariante diese Haare wirklich stammen.
Insgesamt aber dürfte das Ergebnis viele Yeti- und Bigfoot-Anhänger eher enttäuschen. Denn mit Ausnahme der beiden Rätselbären gibt es für alle Haare vermeintlicher Yetis eine simple biologische Erklärung. Allerdings: „Die Abwesenheit eines Beweises ist kein Beweis einer Abwesenheit“, betonen auch die Forscher. Ihre Studie könne die Existenz von ungewöhnlichen Primaten oder anderen „Schneemenschen“ nicht eindeutig widerlegen. Sie habe aber umgekehrt auch keine Belege dafür gefunden, dass diese mythischen Wesen existieren. (Proceedings of the Royal Society B: Biological Sciences, 2014; doi: 10.1098/rspb.2014.0161)
(Royal Society, 02.07.2014 – NPO)