Alles andere als solide: Kleine Asteroiden können auch ein fliegender Haufen von Gesteinsbrocken oder eine Staubwolke mit festem Kern sein, anstatt aus einem einzigen Stück zu bestehen. Dies haben US-Astronomen mit Hilfe von Infrarot-Beobachtungen herausgefunden. Die überraschende Entdeckung betrifft einen Asteroiden, der von der NASA als Missionsziel gehandelt wird.
Asteroiden sind nach verbreiteter Vorstellung lediglich im Weltall treibende Felsbrocken. In letzter Zeit häufen sich jedoch überraschende Beobachtungen dieser Klumpen: Sie scheinen auf mysteriöse Art zu zerbrechen, verhalten sich eher wie Kometen oder sind eigenartig zusammengesetzt. Da es theoretisch möglich ist, dass ein erdnaher Asteroid in die Atmosphäre stürzt und mit katastrophalen Folgen auf der Erde einschlägt, wollen Astronomen verständlicherweise so viele Informationen wie möglich sammeln. Die NASA plant zu diesem Zweck sogar, in den 2020er Jahren einen Asteroiden einzufangen und als Studienobjekt in die Nähe der Erde zu bugsieren.
Erkenntnisse durch Infrarotstrahlung
Ein mögliches Ziel für eine solche Mission ist der erdnahe Asteroid 2011 MD. Dieser hatte sich im Jahr 2011 der Erde auf nur 12.000 Kilometer angenähert und soll in rund zehn Jahren wieder ähnlich nah herankommen . Mit einer Größe von etwa sechs Metern scheint er ein leicht zu handhabendes Ziel zu sein. Nach Erkenntnissen der Astronomen David Trilling und Michael Mommert von der Northern Arizona University jedoch ist er ein komplizierter Kandidat: Er ist alles andere als ein einzelner, fester Brocken.
Mit den Infrarot-Sensoren des Weltraum-Teleskops Spitzer analysierten die Astronomen 2011 MD als Vorbereitung auf die mögliche NASA-Mission. Infrarotstrahlung ist besonders geeignet, um Asteroiden zu beobachten: Im Gegensatz zu sichtbarem Licht lassen sich damit auch kleine, aber stark reflektierende Asteroiden von großen, aber dunklen unterscheiden.
65 Prozent leerer Raum
Dabei fanden sie heraus: 2011 MD hat eine viel zu geringe Dichte, um bei seiner Masse und Größe aus einem einzigen Stück Fels zu bestehen. Das steht im krassen Gegensatz zu der Annahme, kleine Asteroiden seien einzelne Felsbrocken, hervorgegangen aus den Kollisionen größerer Asteroiden. Zumindest für 2011 MD trifft das nicht zu: „Wir haben herausgefunden, dass dieser zu 65 Prozent aus leerem Raum besteht“, so Mommert.
Wie genau der Asteroid aussieht, können die Astronomen noch nicht mit Sicherheit sagen. Entweder es handelt sich um eine Ansammlung vieler kleiner Gesteinsbrocken, oder um einen festen, von einer Staubwolke umgebenen Gesteinskern. Untermauert werden die Ergebnisse durch Daten von dem bereits früher entdeckten Asteroiden 2009 BD, mit ganz ähnlichen Erscheinungsbild. Dieser wurde von den Astronomen jedoch zunächst vernachlässigt: „Wenn man sowas das erste Mal sieht, denkt man ‚Das ist bloß eine Anomalie'“, so Trilling. „Aber beim zweiten von zweien fängt man an zu glauben, dass die kleinen Asteroiden vielleicht gar nicht so aussehen, wie alle dachten.“
Missionsziel verschwindet hinter der Sonne
Mommert und Trilling hoffen nun auf weitere Messzeit mit dem Spitzer-Teleskop, um weitere kleine Asteroiden unter die Lupe zu nehmen und deren Erscheinungsbild zu identifizieren. „Das ist ein noch nicht besonders stark erforschtes Gebiet, weil es sehr schwierig ist, diese Objekte zu beobachten und ihre Eigenschaften zu bestimmen“, erklärt Mommert. „Die Dichte von 99,9 Prozent aller Asteroiden ist unbekannt.“ Zu der kurzen Liste mit bekannter Dichte haben die Astronomen nun zwei hinzugefügt.
Was weitere Informationen über das mögliche Missionsziel 2011 MD betrifft, muss die NASA sich allerdings vorerst in Geduld üben: Dieser Asteroid verschwindet, von der Erde aus gesehen, für die nächsten sieben Jahre hinter der Sonne. Erst danach wird er für Teleskope und weitere Untersuchungen wieder sichtbar.
(The Astrophysical Journal Letters, 2014; doi: 10.1088/2041-8205/789/1/L22)
(Northern Arizona University, 23.06.2014 – AKR)