Astronomie

Staubiger Gammablitz gibt Rätsel auf

Geringer Anteil an Sternenmaterial überrascht Astronomen

Künstlerische Darstellung der Umgebung von GRB 020819B, dem Ursprung eines Gammastrahlen-Ausbruchs, basierend auf den mit ALMA gemessenen Radio-Daten. © NAOJ

Rätselhafte Explosion: Astronomen haben erstmals einen dunklen Gammablitz näher erkundet – einen Gammastrahlenausbruch, der von dichten Staubwolken verdeckt wird. Das Überraschende dabei: Eigentlich hätte diese Explosion dort gar nicht stattfinden dürfen. Denn es fehlte am Grundmaterial für massereiche Sterne – den Hauptakteuren solcher Blitze, wie die Forscher im Fachmagazin „Nature“ berichten.

Gammastrahlenausbrüche (GRB, von engl. Gamma Ray Bursts) sind die hellsten Explosionen im Universum. In den wenigen Sekunden, die ein solcher Blitz andauert, setzt er etwa so viel Energie frei wie unsere Sonne in ihrer gesamten Lebenszeit von etwa 10 Milliarden Jahren. GRBs von mehr als nur ein paar Sekunden entstehen wahrscheinlich bei gewaltigen Explosionen am Lebensende massereicher Sterne. Die kürzeren Blitze mit einer Dauer von unter zwei Sekunden dagegen stammen wahrscheinlich von miteinander verschmelzenden Neutronensternen.

Staubwolken verbergen Sternenexplosion

Auf die meisten Blitze folgt ein langsam abklingendes Nachglühen, das mehrere Wochen lang anhalten kann. Astronomen vermuten, dass dieses Nachglühen durch Kollisionen zwischen dem bei der Explosion abgestoßenem Material und Gas in der Umgebung entsteht. Einige GRBs, die sogenannten dunklen Blitze, zeigen jedoch rätselhafterweise kein Nachleuchten. Die gängige Erklärung hierfür sind bislang Staubwolken, die die Strahlung absorbieren und sie so nicht zu den Beobachtern auf der Erde dringen lassen.

Astronomen um Bunyo Hatsukade vom National Astronomical Observatory in Japan erlebten nun jedoch eine Überraschung: Mit dem ALMA-Radioteleskop der Europäischen Südsternwarte in Chile fanden sie in der Ursprungsgalaxie eines solchen dunklen Blitzes, dem Objekt GRB 020819B in 4,3 Milliarden Lichtjahren Entfernung, nur relativ wenig molekulares Gas, dafür aber sehr viel Staub. Dies stützt einerseits die Annahme, dass der Staub das Nachglühen absorbiert.

Rätselhafter Gasmangel

Der geringe Anteil an molekularem Gas jedoch gibt Rätsel auf: Es ist der Grundstoff, aus dem Sterne entstehen – ohne Gas können sich keine derartig massereichen Sterne bilden, die schließlich mit einem GRB explodieren. Zum Vergleich: In unserer Milchstraße macht der Staub etwa ein Prozent im Vergleich zur Masse des Gases aus – in den beobachteten Galaxien liegt der Staubanteil über zehn Prozent.

„Wir haben nicht erwartet, dass GRBs in einem so staubigen Umfeld, mit einem niedrigen Verhältnis von molekularem Gas zu Staub, auftreten würden“, erklärt Hatsukade. „Das deutet darauf hin, dass der Gammastrahlenausbruch sich in einer Umgebung ereignet hat, die sich stark von einem typischen Sternentstehungsgebiet unterscheidet.” Dies wiederum lässt darauf schließen, dass sich das Umfeld im Sternentstehungsgebiet der massereichen Sterne, die als GRB starben, vor deren Explosion stark veränderte: von viel Gas hin zu viel Staub, der schließlich sogar das Nachglühen des letztendlichen GRB verdeckt.

UV-Strahlung bläst Gas davon

Diese Veränderung, vermuten die Astronomen, entsteht durch starke ultraviolette Strahlung, die ebenfalls von sehr heißen und massereichen Sternen ausgeht. Sie bricht die Bindungen zwischen den Atomen im Gas auf, weshalb im direkten Umfeld eines solchen Sterns kein molekulares Gas bestehen kann. Dies gilt auch für die Sterne, deren Explosion einen GRB verursacht. Der Anteil des Gases, der nicht als Grundmaterial für einen Stern dient, wird also anschließend von diesem davon geblasen.

Entstehung eines Gammastrahlen-Ausbruch durch den Tod eines massereichen Sterns© NASA/JPL

Da es sich bislang nur um einzelne Daten handelt, wollen die Astronomen weitere Forschungen durchführen, ebenfalls mit dem hochauflösenden ALMA-Teleskop. „Wir müssen weitere Beobachtungen für andere GRB-Ursprungsgalaxien durchführen, um zu sehen, ob es sich dabei um allgemeine Bedingungen im Umfeld eines GRB handelt“, so Hatsukade. „Wir freuen uns auf die zukünftige Forschung mit der verbesserten Leistungsfähigkeit von ALMA.“

(ESO, 12.06.2014 – AKR)

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