Unsichtbar im Nebel: Deutsche Forscher haben eine neue Tarnkappe entwickelt, die selbst größere Objekte in Nebel oder Rauch effektiv tarnt. Eine Spezialbeschichtung lenkt das Licht um das Objekt herum und beschleunigt seine Ausbreitung dabei. Beim Betrachter kommen daher alle Lichtwellen scheinbar gleichzeitig und ungestört an – das getarnte Objekt ist unsichtbar und erzeugt nicht einmal einen Schatten, wie die Forscher in „Science“ berichten.
Bisher sind Tarnkappen eher Gegenstand vieler Science-Fiction oder Fantasy-Geschichten, aber noch weit davon entfernt, in der Realität einsetzbar zu sein. Unmöglich aber sind sie nicht. So ist es Forschern schon gelungen, eine Beschichtung zu entwickeln, die Objekte zumindest gegenüber Infrarotkameras unsichtbar machen kann. Andere entwickelten eine Tarnkappe für Magnetfelder und sogar Technologien, die Objekte im sichtbaren Licht unsichtbar machen können – allerdings funktioniert dies erst bei mikroskopisch kleinen Objekten.
Umlenken statt reflektieren
Das Grundprinzip hinter diesen Tarnkappen ist immer das gleiche: Normalerweise erkennen wir Objekte, weil das Licht durch sie gebrochen, reflektiert oder gebeugt wird. Ein Tarnkappen-Material manipuliert die Geschwindigkeit und Richtung der Lichtstrahlen so, dass sie um das Objekt herumgeleitet werden und ihren auf seiner Rückseite so fortsetzen, als wäre diese Umleitung nie passiert.
„Ideale optische Tarnkappen in Luft haben aber alle einen Pferdefuß: Sie verletzen Albert Einsteins Relativitätstheorie, die eine Obergrenze für die Lichtgeschwindigkeit vorschreibt“, erklärt Studienleiter Martin Wegener vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT). Den um nicht hinter dem nicht abgelenkten Licht zurückzubleiben, muss das um ein makroskopisches Objekt gelenkte Licht eigentlich schneller sein. Die meisten bisherigen Tarnkappen funktionieren daher nur bei ganz bestimmten Wellenlängen, nur bei mikroskopisch kleinen Objekten oder führen zu Phasenverschiebungen der Strahlung.
Trübe Suppe statt klarer Luft
Wegener und seine Kollegen haben nun eine Tarnkappe entwickelt, die in einem breiten Wellenlängen-Bereich funktioniert und auch größere Objekte unsichtbar macht. Dies gelang dadurch, dass die Forscher nicht klare Luft oder Vakuum als Grundmedium nutzen, sondern ihre Tarnkappe für Nebel, Rauch und andere diffus das Licht streuende Medien auslegten. In solchen diffusiven Medien breitet sich Licht nicht mehr geradlinig aus, sondern wird ständig von kleinen Tröpfchen oder Partikeln gestreut.
„Diese Eigenschaft von lichtstreuenden Medien lässt sich nutzen, um Objekte darin zu verstecken“, sagt Erstautor Robert Schittny vom KIT. „Dabei ist die neue Tarnkappe eigentlich ganz einfach aufgebaut.“ Im Prinzip beruht sie auf einer besonderen Beschichtung des zu tarnenden Objekts, im Experiment waren dies einige Zentimeter große Metallkugeln und Zylinder. Sie werden zunächst mit weißer Dispersionsfarbe gestrichen, dann erhalten sie ihren eigentliche Tarnhülle: eine dünne Schale der transparenten Silikonverbindung Polydimethylsiloxan (PDMS), gemischt mit Mikropartikeln aus Melamin.
Kein Schatten im Gegenlicht
Diese Kugeln und Zylinder stellten die Forscher nun in einen Tank, der mit einer Mischung aus Wasser und ein wenig weißer Wandfarbe gefüllt war. Die Farbpartikel übernehmen in diesem Fall die Rolle der Nebeltröpfchen oder Rauchpartikel. Wird dieser Tank nun von hinten beleuchtet, sind normale Objekte darin deutlich als dunkler Schatten sichtbar. Die mit der Tarnkappenschicht versehen Kugeln und Zylinder aber verschwinden völlig, nicht einmal ein leichter Schatten verrät ihre Präsenz.
Der Trick dahinter: Die Silikon/Melamin-Schale sorgt für eine bessere Diffusion des Lichts. Die um das Objekt herumgelenkten Strahlen sind dadurch etwas schneller als die restlichen, nicht abgelenkten. An der Vorderseite des Tanks kommen daher alle mehr oder weniger gleichzeitig an. „Das Verschwinden des Schattens ist der Beweis für gelungenes Tarnen“, so Schittny.
Allerdings: Bisher ist auch diese Tarnkappe nur Grundlagenforschung. „Bis zu realen Anwendungen ist es noch lang hin“, räumen die Forscher ein. Aber Anwendungen gäbe es bereits: So könnte man mit dem nun gefundenen Prinzip Milchglasfenster für Badezimmer oder andere Räume herstellen, in denen Metallstangen gegen Einbrecher oder Sensoren integriert sind – ohne dass man Sensoren oder Stangen von Innen oder Außen sehen könnte. Bis dahin aber wird es wohl noch ein bisschen dauern. (Science, 2014; doi: 10.1126/science.1254524)
(Karlsruher Institut für Technologie, 06.06.2014 – NPO)