Klarer Unterschied im Kopf von Männern und Frauen: Das Gehirn von Frauen ist stärker durchblutet als das von Männern – und dies beginnt schon in der Pubertät. Das haben US-Forscher jetzt in einer Studie festgestellt. Während bei Jungen die Durchblutung in dieser Reifungsphase nachlässt, steigt sie bei Mädchen an und bleibt dann ihr Leben lang höher. Besonders große Differenzen gibt es dabei in den Hirnzentren, die für soziales Verhalten und emotionale Kontrolle zuständig sind, so die Forscher im Fachmagazin „Proceedings of the National Academy of Sciences“.
Die Pubertät ist eine Zeit des Umbruchs: Der Körper verändert sich, Geschlechtsmerkmale bilden sich aus, die Hormone pegeln sich neu ein. Aus Kindern werden Männer und Frauen. Dass sich in dieser Zeit auch im Gehirn einiges verändert, ist schon länger bekannt. Denn auch im Denkorgan gibt es geschlechtsspezifische Merkmale. Und noch etwas unterschiedet sich zwischen Männern und Frauen im Erwachsenenalter: die Durchblutung des Gehirns.
Weichenstellung in der Pubertät
„Wir wissen, dass bei erwachsenen Frauen das Gehirn stärker durchblutet ist als bei Männern, aber bisher war nicht klar, wann diese Unterschiede beginnen“, erklärt Theodore Satterthwaite von der University of Pennsylvania. Der Verdacht lag allerdings nahe, dass sich auch dieser geschlechtsspezifische Unterschied in der Pubertät ausbildet. Um das zu überprüfen, untersuchten die Forscher die Hirndurchblutung von 922 Jugendlichen im Alter von acht bis 22 Jahren mit Hilfe der MRT-Perfusionsbildgebung. Bei diesem Verfahren wird der arterielle Blutfluss mit Hilfe der Magnetresonanztomografie verfolgt und gemessen.
Das Ergebnis: Im Verlauf der Kindheit und frühen Pubertät nimmt bei beiden Geschlechtern die Hirndurchblutung ab. Doch dann endet diese Gemeinsamkeit: Ab 16 Jahren beginnt bei jungen Frauen, der Blutfluss zum Gehirn wieder anzusteigen. Bei jungen Männern dagegen sinkt er weiter ab. Am Ende der Pubertät war das Gehirn der Frauen dadurch deutlich besser durchblutet als das ihrer männlichen Altersgenossen. „Diese Ergebnisse bestätigen, was alle Eltern wissen: Jungen und Mädchen wachsen unterschiedlich heran“, sagt Satterthwaite. Das gilt auch für das Gehirn und seine Durchblutung.
Klare Unterschiede in Arealen für Sozialverhalten und Emotionen
Die Auswertungen zeigten auch, dass die Durchblutung sich in einigen Gehirnbereichen besonders stark zwischen Frauen und Männern unterscheidet, darunter dem orbitofrontalen Cortex. Dieses Hirnareal spielt eine wichtige Rolle für das Sozialverhalten und die Regulation der Emotionen. Nach Ansicht der Forscher könnte dies erklären, warum Frauen in den meisten Tests der sozialen Intelligenz besser abschneiden als Männer. Umgekehrt aber könnte dies Frauen anfälliger für Depressionen und Angststörungen machen, Männer dagegen eher für Schizophrenie und emotionale Blockaden.
Das Wissen darum, dass die Unterschiede in der Durchblutung bereits in der Pubertät beginnen und in welchem Maße sie üblicherweise auftreten, könnte auch dabei helfen, psychische oder neurologische Störungen frühzeitig zu erkennen, so die Forscher. „Wir hoffen, dass solche Erkenntnisse es uns eines Tages erlauben werden, eine anormale Hirnentwicklung zu erkennen, bevor sie sich zu einer psychischen Erkrankung auswächst“, so Satterthwaite. (Proceedings of the National Academy of Science (PNAS), 2014; doi: 10.1073/pnas.1400178111)
(PNAS / University of Pennsylvania, 27.05.2014 – NPO)