Günstiges Klima verhalf Dschingis Khan und seinem Mongolenheer zum Siegeszug über die halbe Welt: Eine ungewöhnlich warme und feuchte Klimaphase machte die Steppennomaden im 13. Jahrhundert stark und reich. Das erst machte ihre Eroberungszüge über einen Großteil des eurasischen Kontinents möglich, wie Forscher im Fachmagazin „Proceedings of the National Academy of Sciences“ berichten.
Der Siegeszug der Mongolen begann mit Dschingis Khan. Ihm gelang es im frühen 13. Jahrhundert, die untereinander zerstrittenen Stämme der eurasischen Steppennomaden zu vereinigen. Damit bildeten Reiterhorden eine gewaltige Streitmacht, die innerhalb weniger Jahre ihre Nachbarvölker unterwarf. Die Söhne und Enkel Dschingis Khans dehnten das Imperium schließlich zum größten zusammenhängenden Weltreich aller Zeiten aus. Es erstreckte sich vom heutigen Korea über China, Indien, Russland und Osteuropa bis in den Nahen Osten. Das Reich zerfiel zwar recht bald wieder, doch die Ära der Mongolen hat den Verlauf der Weltgeschichte maßgeblich geprägt.
Was war der Auslöser?
Was aber löste den Eroberungsdrang der Mongolen aus? Bisher vermutete man, dass ungünstige Klimabedingungen in der asiatischen Steppe die Mongolen dazu zwangen, neue Territorien zu suchen. Denn Dürren und Missernten lösten in der Geschichte schon häufig Kriege und den Niedergang ganzer Kulturen aus. Doch im Fall der Mongolen war es offenbar das Gegenteil: Erst ein ungewöhnlich günstiges Klima ermöglichte ihnen ihre Expansion, wie Neil Pederson von der Columbia University in Palisades und seine Kollegen jetzt belegen.
Die Forscher hatten in den Khangai-Bergen in der Mongolei ein Wäldchen mit alten, verkrüppelten sibirischen Kiefern entdeckt. Diese Nadelbäume können, vor allem wenn sie auf trockenem, nährstoffarmem Lavaboden stehen, sehr langsam wachsen und sehr alt werden. Eine Analyse der Jahresringe dieser Kiefern bestätigte die Vermutung: Einige Kiefern waren mehr als 1.100 Jahr alt. An ihnen lässt sich daher auch das Klima vor und während der Zeit des Mongolensturms ablesen.
Üppige Weiden
Das hölzerne Klimaarchiv offenbarte, dass zwischen 1180 und 1190 eine Reihe extremer Dürren die Mongolei heimsuchte. Doch dann, nahezu zeitgleich mit Dschingis Khans Aufstieg und dem Beginn der mongolischen Expansion, änderte sich das Klima: Von 1211 bis 1225 wurde es besonders warm und feucht – ideale Bedingungen, um üppiges Gras wachsen zu lassen und ausreichend Nahrung für Vieh, Pferde und die Mongolen selbst bereit zu stellen.
„Gras und Einfallsreichtum waren die Brennstoffe der Mongolen und der Kulturen um sie herum“, erklärt Pederson. Das üppige Nahrungsangebot ließ das Volk erstarken und die fetten Weiden lieferten der Streitmacht des legendären Dschingis Khan Pferde im Überfluss. Die Mongolen nutzten die Gunst der Stunde: Ab 1211 begann ihre Großoffensive in Richtung Süden und 1215 eroberten sie Peking. Bis zu seinem Tod im Jahr 1227 ist Dschingis Khan auf dem Siegeszug und besiegt alle Armeen, die sich ihm in den Weg stellen. „Das Klima war dabei zwar nicht der einzige Faktor, aber es bot Dschingis Khan vermutlich ideale Bedingungen, um seine Armee aufzubauen“, sagt Koautorin Amy Hessl.
Klimawandel bedroht Dschingis Khans Nachfahren
Die einzigartig günstige Klimaphase war aber nicht von Dauer. Bereits um 1225 wurde es wieder kühler und trockener, die Steppe wurde wieder karg. Die Nachfahren des Dschingis Khan, die heute noch als Nomaden in der mongolischen Steppe leben, müssen um ihr Überleben kämpfen. Denn der Klimawandel hat die Steppe noch trockener gemacht, die Winter schneearm aber kalt.
Allein der letzte extrem kalte Winter im Jahr 2009/2010 – Dzud genannt – tötete mindestens acht Millionen Tiere und zerstörte die Lebensgrundlage für unzählige Nomaden. Viele von ihnen mussten ihre traditionelle Lebensweise aufgeben und in die Stadt Ulanbator ziehen. „Dies ist nur ein Beispiel für das künftige Klima nicht nur in der Mongolei, sondern auch in weiten Teilen Zentralasiens“, sagt Pederson. Während das Klima einst Dschingis Khans Siegeszug förderte, könnte es seinen Nachfahren nun zum Verhängnis werden. (Proceedings of the National Academy of Sciences, 2014; doi: 10.1073/pnas.1318677111)
(PNAS, 11.03.2014 – NPO/MVI)