Ein Rückschlag für die Ozonschicht: Trotz weltweiten Verbots von FCKW-haltigen Treibgasen haben Forscher vier zuvor unbekannte FCKWs in der Atmosphäre entdeckt. Sie sind eindeutig menschengemacht und scheinen von der Nordhalbkugel zu stammen. Wer diese verbotenen Substanzen freisetzt, ist bisher unbekannt. Die Quelle müsse aber dringend gefunden werden, um die Ozonschicht zu schützen, warnen die Forscher im Fachmagazin „Nature Geoscience“.
Eigentlich galt die Ozonproblematik bisher als weitgehend überwunden: Bereits 1989 beschloss die internationale Staatgemeinschaft im Montreal-Protokoll, Chlorfluor-Kohlenwasserstoffe (FCKW) zu verbieten. Diese Verbindungen führen in Verbindung mit Sonnenlicht in der oberen Atmosphäre zu einer Kettenreaktion, die vor allem im Frühjahr das gegen die UV-Strahlung schützende Ozon dezimiert. Seit die FCKW verboten wurden, hat sich die Ozonschicht bereits messbar erholt.
Jetzt aber zeigt sich, dass offenbar irgendwo noch immer FCKW in die Atmosphäre freigesetzt werden – und diese sind zudem neue, zuvor unbekannte Verbindungen. Entdeckt haben Johannes Laube von der University of East Anglia und seine Kollegen diese drei bisher unbekannten FCKW und einen Hydrochlorfluor-Kohlenwasserstoff (HFCKW) in Luftproben, die zwischen 1978 und 2012 in einer noch unberührten Gegend in Tasmanien genommen wurden. Außerdem auch in Schneeproben, die sie 2008 in einer entlegenen Region Grönlands sammelten.
Vier neue, aber verbotene Treibgase
„Unsere Analysen zeigen vier Treibgase, die es vor 1960 noch nicht in der Atmosphäre gegeben hat“, erklärt Laube. Das deute darauf hin, dass es sich um menschengemachte Verbindungen handele. Alle vier Halogen-Verbindungen werden bis heute freigesetzt, wie die Messungen zeigten. Alle vier sind aber nach dem Montreal-Protokoll verboten. Zwei davon haben sich zudem inzwischen in beträchtlicher Menge angereichert, auch wenn ihre Freisetzung seit 2005 zu stagnieren scheint. Der dritte unbekannte FCKW allerdings nimmt seit den 1960er ungebremst zu, wie die Forscher berichten.
„FCKW-Emissionen in diesem Maßstab hat es seit den 1990ern nicht gegeben“, so Laube. Allerdings sind auch von diesen neuen Verbindungen die Mengen noch viel geringer als auf dem Höhepunkt der FCKW-Emissionen in den 1980ern, wie die Forscher betonen. Alle drei FCKWs haben eine deutliche Ozon zerstörende Wirkung, wie Tests ergaben. Das vierte, ein HFCKW, ist etwas weniger schädlich.
Quelle noch unklar
„Die Identifikation von vier neuen Treibgasen ist sehr besorgniserregend, denn sie werden zur Zerstörung der Ozonschicht beitragen“, warnt Laube. Hinzu kommt, dass die drei neuen FCKWs nur sehr langsam durch atmosphärische Prozesse abgebaut werden. Einmal freigesetzt, bleiben sie daher lange in der Lufthülle und können ozonschädigenden Reaktionen auslösen. „Selbst wenn die Emissionen sofort stoppen würden, wären diese Gase noch Jahrzehnte lang in der Atmosphäre präsent“, so Laube.
Woher diese Gase kommen, ist bisher rätselhaft. Weil alle vier in den Schneeproben aus Grönland früher auftauchen als in den Luftproben aus Tasmanien, vermuten die Wissenschaftler, dass die Quelle irgendwo auf der Nordhalbkugel liegen muss. „Die Quelle sollte jetzt möglichst schnell untersucht werden“, sagt Laube. Mögliche Verursacher seien Fabriken, die Chemikalien für die Pestizidproduktion und die Herstellung von Lösungsmitteln für Elektronik-Bauteile erzeugen. (Nature Geoscience, 2014; doi: 10.1038/ngeo2109)
(Nature Geoscience/ University of East Anglia, 10.03.2014 – NPO)