Das Stethoskop des Arztes kann krank machen: Eine Studie belegt, dass dieses Instrument stärker mit Bakterien kontaminiert ist als die Hände der Ärzte. Gefährliche, multiresistente Krankenhauskeime können so unbemerkt von Patient zu Patient übertragen werden, warnen die Forscher. Es sei daher enorm wichtig, hier auf gründliche Desinfektion zu achten.
Krankenhäuser sollen heilen helfen, oft aber machen sie krank: Zehntausende Menschen jährlich sterben weltweit an einer Infektion mit resistenten Krankenhauskeimen, allein in Deutschland sind es mehr als 1.500 Todesfälle pro Jahr. Besonders verbreitet sind multiresistente Stämme des Erregers Staphylococcus aureus (MRSA), gegen sie helfen die meisten gängigen Antibiotika nicht mehr. Einer der Hauptgründe für die Übertragung dieser Keime im Krankenhaus: mangelnde Hygiene. Studien zeigen, dass vor allem die konsequente Händedesinfektion – eigentlich eine Selbstverständlichkeit – die Zahl der Ansteckungsfälle senken kann.
Abstrich von Stethoskop und Händen
Jetzt haben Didier Pittet von der Universität Genf und seine Kollegen eine weitere Ansteckungsquelle im Krankenhaus ausgemacht: das Stethoskop der Ärzte. Typischerweise um den Hals oder lässig in der Kitteltasche getragen, ist es fast schon ein Standessymbol der ärztlichen Zunft. Das Abhorchen von Brust und Rücken ist zudem Bestandteil nahezu jeder ärztlichen Untersuchung. Das aber bedeutet: Die Membran der Stethoskope kommt jeden Tag mit Dutzenden von Patienten in Berührung – und könnte daher Keime übertragen. Ob das der Fall ist, haben Pittet und seine Kollegen nun überprüft.
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Für ihre Tests ließen die Forscher Ärzte bei der Untersuchung von 71 Patienten jeweils ein steriles Stethoskop und sterile Handschuhe nutzen. Nach jeder Untersuchung sammelten sie Keimproben von verschiedenen Teilen des Stethoskops und von den bei der Untersuchung getragenen Handschuhen. Diese Proben wurden auf Nährmedium in Petrischalen ausgestrichen und im Labor kultiviert. So konnten die Forscher ermitteln, wie viele und welche Bakterienarten sich auf den Stethoskopen und Handschuhen angesammelt hatten.
Hohe Keimzahlen
Das Ergebnis: Die Stethoskope waren genauso stark mit Keimen belastet wie die Hände der Ärzte. Vor allem auf der Membran des Instrumentes – und damit dem Teil, der ständig in Kontakt mit der Haut von Patienten kommt, fanden sich hohe Erregerzahlen. Einzig die Fingerspitzen der Ärzte waren noch etwas stärker kontaminiert, wie die Forscher berichten. Und diese Kontamination hatte es in sich: Hatten die Ärzte zuvor Patienten untersucht, die mit MRSA infiziert waren, fanden sich große Menge dieses gefährlichen multiresistenten Erregers auch auf dem Stethoskop.
„In Anbetracht dessen, dass Stethoskope den ganzen Tag lang wiederholt eingesetzt werden, direkt in Kontakt mit der Haut von Patienten kommen und dabei mehrere tausend Bakterien ansammeln können, halten wir sie für potenziell signifikante Überträger“, sagt Pittet. Nach Ansicht der Forscher ist es daher essenziell, dass Ärzte ihr Stethoskop nach jedem Patienten gründlich desinfizieren, wie die Hände auch. Man sollte es als eine Erweiterung der Hand betrachten – und auch entsprechend hygienisch damit umgehen. (Mayo Clinic Proceedings, 2014; doi: 10.1016/j.mayocp.2013.11.016)
(Elsevier / Mayo Clinic, 28.02.2014 – NPO/MVI)