Die ersten radioaktiven Elemente aus Fukushima haben die kanadische Westküste erreicht: Vor Vancouver registrierten Forscher erhöhte Mengen von Cäsium-134 und Cäsium-137, zwei Isotopen, die bei der Atomkatastrophe vor fast genau drei Jahren in großen Mengen freigesetzt wurden. Noch ist die US-Küste nicht betroffen, Experten erwarten aber, dass die Kontamination nun zunehmen wird und sich weiter nach Süden ausbreitet.
Der Atomunfall von Fukushima am 11. März 2011 setzte allein in den ersten Tagen große Mengen der radioaktiven Nuklide Jod-131, Cäsium-137 und Cäsium-134 frei. Die Radionuklide wurden über Luft und kontaminiertes Kühlwasser auch ins Meer transportiert. Wie viel, darüber gehen die Schätzungen allerdings auseinander. Der Kraftwerksbetreiber Tepco ging im Mai 2011 von einem direkten Meereseintrag von 4.700 Terabecquerel allein in der ersten Aprilwoche aus. Das französische Institut für Strahlenschutz und nukleare Sicherheit (IRSN) ermittelte eine Gesamtmenge von 27.100 Terabecquerel für die Zeit vom 11. März bis 15. Juli 2011.
Radioaktives Cäsium vor Vancouver
Wie sich diese Kontamination im Pazifik ausbreiten wird, dazu gibt es mehrere Modelle. Einige gingen von einer Driftzeit von sieben Jahren aus, bis die ersten Radionuklide die Westküste der USA und Kanadas erreichen, andere prognostizierten eine Ankunft im Frühjahr 2014 und einen Höhepunkt der Belastung im Jahr 2016. Forscher des Woods Hole Oceanographic Institute in Massachusetts haben nun bei der Meeresforschertagung der American Geophysical Union berichtet, dass vor Vancouver erste Radionuklide aus Fukushima gemessen wurden.
Die Messungen ergaben bereits ab Juni 2013 leicht erhöhte Werte sowohl von Cäsium-137 als auch von dem kurzlebigeren Isotop Cäsium-134. Letzteres besitzt eine Halbwertszeit von nur zwei Jahren und gilt als eindeutiger Marker für die Fukushima-Kontamination. „Das einzige Cäsium-134 im Nordpazifik stammt aus Fukushima“, erklärt Ken Buesseler vom Woods Hole Oceanographic Institute. Denn im Gegensatz zum langlebigeren Cäsium-137, das auch durch vergangene Atomwaffentests ins Meer gelangte, kommt das kurzlebige Cäsium-Isotop normalerweise nicht im Meerwasser vor.
Keine Gesundheitsgefahr
Mit einer Radioaktivität von 0,9 Becquerel pro Kubikmeter ist die Kontamination bisher nicht bedenklich, wie die Forscher betonen. Sie liege noch unter dem US-Grenzwert für radioaktives Cäsium in Trinkwasser von 7,4 Becquerel pro Liter. „Diese Werte sind ganz klar noch keine biologische oder gesundheitliche Gefahr für Kanada“, betont John Smith vom Bedford Institute of Oceanography im kanadischen Dartmouth. Zum Vergleich: Nach dem Atomunfall von Tschernobyl erreichten die Cäsiumwerte in der Ostsee bis zu 1.000 Becquerel pro Kubikmeter Wasser. Nach den gängigen Ausbreitungsmodellen soll die Kontamination an der Westküste Nordamerikas zwischen 2 und 27 Becquerel erreichen.
Die südlicher gelegenen Küsten der US-Westküste sind bisher noch nicht betroffen, wie die Forscher berichten. „Wir haben Messwerte von acht Standorten und sie alle zeigen zwar Cäsium-137, aber noch kein Cäsium-134“, so Buesseler. Die Werte für Cäsium-137 liegen mit 1,3 bis 1,7 Becquerel pro Kubikmeter Wasser auf Höhe der Hintergrundbelastung.
US-Küste wird folgen
Die Wissenschaftler gehen davon aus, dass der von Japan aus nach Nordosten fließende Kuroshio-Strom die Radionuklide vor die kanadische Küste transportiert. Erst von dort aus werden sie dann allmählich weiter Richtung Süden verbreitet. Um die Ausbreitung der Radionuklide von Fukushima zu überwachen, hat Buesseler ein spendenfinanziertes Projekt gestartet. Teilnehmer können Probenorte vorschlagen, für die Analysen von Proben spenden und die Ergebnisse einsehen.
In Fukushima geht währenddessen die Kontamination des Meeres weiter. Noch immer bekommen die Betreiber das Problem der Lecks nicht in den Griff. Verseuchtes Kühlwasser sickert weiterhin ins Grundwasser und ins Meer. Erst letzte Woche wurde ein neues Leck gemeldet.
(Woods Hole Oceanographic Institute, 26.02.2014 – NPO)