Ein Fossil mitten in der Großstadt: Auf der Baustelle für einen neuen Wohnkomplex in Seattle haben Arbeiter einen 2,5 Meter langen Mammutstoßzahn entdeckt. Der Zahn ist mindestens 16.000 Jahre alt und stammt von einem Präriemammut, einer während der letzten Eiszeit in Nordamerika verbreiteten Art. Er ist das größte und intakteste Relikt eines solchen Mammuts, das bisher in der Region entdeckt wurde.
}Ein echter Zufallsfund: Als Arbeiter auf einer Baustelle im South Lake Union Stadtbezirk von Seattle eine Grube aushoben, stießen sie in rund neun Metern Tiefe auf etwas, das sie zunächst für ein Rohr oder eine große Baumwurzel hielten. Doch als sie das Objekt weiter ausgruben, entpuppte es sich als gebogenes Stoßzahn-ähnliches Fossil. Die Arbeiter riefen darauf hin Paläontologen des Burke Museums in Seattle hinzu. Diese identifizierten den Fund als Stoßzahn eines Präriemammuts (Mammuthus columbi).
Größtes Mammut der Eiszeit
Präriemammuts gehören zu den größten Elefantenartigen der Erdgeschichte. Sie erreichten eine Widerristhöhe von vier Metern und wogen bis zu zehn Tonnen. Während der letzten Eiszeit war es in den Ebenen Nordamerikas weit verbreitet, fossile Überreste wurden an mehreren Orten zwischen Kalifornien und den Großen Seen gefunden. Auch nahe Seattle hatten Paläontologen bereits häufiger Mammutstoßzähne entdeckt. Das Präriemammut ist sogar das Wappentier des US-Bundesstaats Washington.
Der Stoßzahn ist ein wichtiger Fund, wie die Paläontologen erklären. Denn er ist der intakteste und größte, der bisher in der Region Seattle entdeckt wurde. Außerdem aber fand er sich in einer noch relativ ungestörten Schichtenabfolge des Untergrunds, in der Nähe eines sogenannten Marker-Horizonts. Dieser besteht aus einer schwarz-bläulichen Schicht von Ablagerungen, deren Alter gut bekannt ist. Anhand der Position des Stoßzahns zwei Meter unter diesem Horizont schätzen die Forscher sein Alter auf mindestens 16.000 Jahre, möglicherweise aber auch bis zu 60.000 Jahre. Eine Kohlenstoff-Datierung soll nun diese erste Schätzung präzisieren.
Nasses Grab
Bei seiner Entdeckung lag der Stoßzahn in einer nassen Erdschicht. Für den Transport ins Museum zur näheren Untersuchung musste er daher vorsichtig in gipsgetränkte Sackleinen-Bandagen eingepackt werden. Im Labor muss er dann langsam im Laufe der nächsten zwölf Monate getrocknet werden, um Risse und Sprünge zu vermeiden, wie die Forscher erklären. Zusammen mit dem Mammutstoßzahn wurden auch eiszeitliche Pflanzenreste und Insektenfossilien geborgen. Sie könnten wertvolle Informationen über die Landschaft und Vegetation zur Lebenszeit des Mammuts liefern.
Weil der Stoßzahn auf Privatgelände entdeckt wurde, kann nach amerikanischen Recht der Landbesitzer darüber verfügen, was mit solchen Funden geschieht. „Wir hatten Glück, dass der Eigentümer uns kontaktierte und uns bat, den Zahn zu übernehmen, er hätte auch in einer privaten Sammlung enden können“, erklärt Christian Sidor, Kurator für Wirbeltier-Paläontologie am Burke Museum.
(Burke Museum, 19.02.2014 – NPO)