Medizin

Mobbing: Je länger, desto schlimmer

Langzeitstudie warnt vor anhaltenden Schäden durch Mobbing bei Kindern

Schikane in der Schule: Wenn Schüler zum Mobbing-Opfer von Mitschülern werden, leidet nicht nur die Seele, sondern auch die körperliche Gesundheit. US-amerikanische Mediziner zeigten nun in einer Langzeitstudie, dass diese Form des Mobbings noch anhaltendere und schwerere gesundheitliche Schäden hervorrufen kann als bisher vermutet. Sie fordern bessere Maßnahmen, um Schüler frühzeitig und effektiv vor solchen Schäden zu schützen.

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Mobbing am Arbeitsplatz und dessen Folgen sind im Moment stark in der Diskussion. Bei weitem nicht nur Erwachsene werden derartig terrorisiert: Besonders schwer betroffen sind Kinder, zum Beispiel in der Schule. Wenn sich eine ganze Klasse gegen einen Mitschüler zusammentut, ist das Opfer völlig machtlos. Die Betroffenen sind oftmals zu eingeschüchtert, um sich Eltern anzuvertrauen oder Lehrer um Hilfe zu bitten. Welche gesundheitlichen Auswirkungen insbesondere lang anhaltendes Mobbing unter Kindern anrichten kann, haben US-Kinderärzte nun ausführlicher untersucht.

Körperliche Gesundheitsschäden durch Langzeit-Mobbing

Laura Bogart und ihre Kollegen vom Boston Children’s Hospital haben in einer Langzeitstudie über 4.000 Kinder von der fünften bis zur zehnten Klasse begleitet. In dieser Zeit führten die Mediziner regelmäßige Interviews mit den Kindern über deren geistige und körperliche Gesundheit durch und befragten sie darüber, ob und wie stark sie in der Schule unter Mobbing leiden. Zum ersten Mal legten dabei Wissenschaftler besondere Aufmerksamkeit auf langfristig andauernde und anwachsende Effekte.

„Unsere Ergebnisse zeigen, dass langfristiges Mobbing die allgemeine Gesundheit eines Kindes schwer schädigt, und dass sich diese negativen Effekte aufstauen und mit der Zeit immer schlimmer werden können“, sagt Bogart, die Erstautorin der Studie. Die Wissenschaftler fanden heraus, dass sich sowohl die geistige als auch körperliche Verfassung der Kinder drastisch verschlechtert, wenn sie in der Schule von Mitschülern schikaniert werden. Hinzu kommen Depressionen und ein zerrüttetes Selbstbewusstsein. Dies kann unter Umständen jahrelange Nachwirkungen haben.

Langfristiger Schul-Terror rief bei einigen Teilnehmern der Studie sogar zunehmende körperliche Probleme hervor, etwa bei sportlichen Aktivitäten und selbst beim Gehen oder Laufen. Am schlimmsten betroffen waren diejenigen Schüler, die bereits vor dem Beginn der Studie gemobbt wurden und bei denen das Mobbing noch immer anhielt. In welchem Alter es auftritt, ist dabei unbedeutend. Entscheidend ist einzig und allein: je länger, desto schlimmer.

Verstärkte Hilfe an vorderster Front

Ausgehend von diesen Ergebnissen rufen die Wissenschaftler zu intensiveren Früherkennungsprogrammen von Mobbing in der Schule auf, denn „je früher wir das Mobbing gegen ein Kind beenden, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit, dass es das Kind später langfristig gesundheitlich schädigt“, so Bogart. Opfer von Schul-Mobbing müssten auch danach noch betreut werden, um mögliche Folgeschäden zu erkennen und zu bekämpfen. Bogart und ihre Kollegen fordern verstärkte Forschung, um die Wirksamkeit solcher Hilfsprogramme und Therapien auch klinisch testen zu können.

Bogart ist sich bewusst, dass es keinen allgemeingültigen Ansatz im Kampf gegen Mobbing gibt. Jeder Fall muss einzeln untersucht und behandelt werden. Aber die Medizinerin ist entschlossen: „Wenn wir Lehrern, Eltern und Ärzten fundierte und getestete Methoden zur Verfügung stellen, unterstützen wir diejenigen, die an vorderster Front den Kindern helfen, mit diesem schweren Problem fertig zu werden.“

(Boston Children’s Hospital, 17.02.2014 – AKR)

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