Nanotechnologie

Superstarker Nanoschwamm

Saugfähige Kohlenstoffröhrchen filtern Schadstoffe aus dem Wasser

Kohlenstoff-Nanoröhrchen © Michael Ströck / CC-by-sa 3.0

Kohlenstoff-Nanoröhrchen verfügen über erstaunliche Eigenschaften: Sie sind federleicht, extrem reißfest, überaus leitfähig – und eignen sich hervorragend als Schwämme. Italienischen Forschern ist es nun gelungen, die Saugkraft solcher Carbon Nanotubes noch einmal zu steigern. In der Fachzeitschrift „Nanotechnology“ veröffentlichten sie den Trick, mit dem das gelang: Sie bauen absichtlich Defekte ein.

Carbon Nanotubes, winzige Röhrchen aus einer einzigen Lage von Kohlenstoffatomen, werden als wahres Wundermaterial gepriesen. Einige Ideen für ihre Verwendung sind eher unorthodox – etwa jene, endlich ein leichtes und reißfestes Kabel für einen Aufzug ins All herzustellen. Andere versprechen, sehr handfeste Probleme zu lösen. Eines davon ist, Schadstoffe aus dem Wasser zu filtern. Immerhin haben 780 Millionen Menschen weltweit keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser. Bereits im August stellten Forscher der Singapore University of Technology und Design eine kostengünstige Membran aus Kohlenstoff-Nanoröhrchen vor, die sie mit Plasma behandelt hatten. Sie entfernte nicht nur Salzionen, sondern auch organische Schadstoffe aus dem Wasser.

Die Schwämme, die Luca Camilli und seine Kollegen von der Universität Tor Vergata entwickelt haben, dienen ebenfalls der Wasseraufbereitung. Und sie haben es in sich: Nach Angaben der Forscher können sie organische Schadstoffe wie Düngemittel, Pharmazeutika und Pestizide mehr als drei Mal effizienter aufsaugen als herkömmliche Nanotubes. Als Testchemikalie diente den Wissenschaftlern Dichlorobenzol , eine Substanz, die biologisch nur schwer abbaubar ist und Wasserorganismen schwer zusetzt.

Röhrchen gegen Ölteppiche

In ihrem Artikel beschreiben Camilli und seine Kollegen, was das Besondere an ihren Kohlenstoffröhrchen ist. Der Trick der Forscher: Sie fügen bei der Herstellung Schwefel hinzu, um längere Röhrchen züchten zu können. Im Schnitt werden die Schwämme so 20 Millimeter lang. Sie könnten unter anderem eingesetzt werden, um Ölteppiche auf dem Meer zu entfernen.

Sehr feine Puder seien schwer zu kontrollieren, da sie sich im Wasser verteilen, erklärt Camilli. „Der Umgang mit Carbon-Nanotubes in der Größe von Millimetern oder Zentimetern, wie wir sie in dieser Studie hergestellt haben, ist hingegen viel einfacher. Aufgrund ihrer porösen Struktur schwimmen sie auf dem Wasser und können leicht entfernt werden, sobald sie sich mit Öl vollgesogen haben.“ Die Oberflächendefekte, die durch den Schwefel verursacht werden, haben noch einen weiteren Vorteil: An den Röhrchen lagert sich während der Herstellung Eisen ab, das ihnen magnetische Eigenschaften verleiht. Auch das erleichtert die Kontrolle, sobald sie einmal im Wasser schwimmen.

Einfach auswringen und wiederverwenden

Die Nanoröhrchen können die 150-fache Menge ihres eigenen Gewichts an Pflanzenöl aufsaugen; auch Motoröl entfernten sie im Versuch etwas besser als Kohlenstoffröhrchen anderer Forschungsgruppen. Sie lassen sich sogar auswringen und wiederverwenden. Der einzige Haken an der Sache: Noch weiß man zu wenig über das Verhalten der Nanotubes, um sie unbesorgt ins Meer oder ins Trinkwasser zu kippen. Camilli betont: „Wir müssen die Toxizität der Schwämme testen, bevor konkrete Anwendungen möglich sind.“

(Nanotechnology, 2014; doi: 10.1088/0957-4484/25/6/065701)

(Camilli (Università di Roma Tor Vergata, Rom) et al.; Nanotechnology, 17.01.2014 – NSC)

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