Geowissen

Riesenschlucht unter Antarktis-Eis entdeckt

Radardaten enthüllen gewaltigen Canyon am Ellsworth-Gebirge

Unter diesem Eis in der Nähe des Ellsworth-GEbirges liegt die riesige subglaziale Schlucht © Newcastle University

Verborgen unter dem Eis der Antarktis haben Forscher eine gigantische Schlucht entdeckt: Mit mehr als drei Kilometern Tiefe und 300 Kilometern Länge stellt sie selbst den Grand Canyon in den Schatten. Entstanden ist diese entlang des Ellsworth-Gebirges verlaufende Schlucht, als ein urzeitlicher Gletscher den Untergrund ausschabte, wie britische Forscher erklären. Die Entdeckung zeige, welche Überraschungen unser Planet selbst heute noch bereit halte.

Im letzten Sommer erst sorgte eine Meldung vom anderen Ende der Erde für Aufsehen: Forscher hatten im August 2013 einen Riesencanyon unter dem Eispanzer Grönlands entdeckt. Die gewaltige Schlucht erstreckt sind von Süden nach Norden und ist insgesamt rund 750 Kilometer lang und variiert in Breite und Tiefe zwischen 800 Metern und 10 Kilometern. Entdeckt wurde der verborgene Canyon erst durch das sogenannte Ice-Penetrating Radar (IPR), eine Technik, die das Eis durchdringt und die Topografie der darunterliegenden Landschaft zeigt.

Drei Kilometer tief, 25 Kilometer breit

Mit dieser Technik haben nun auch Forscher um Neil Ross von der Newcastle University unter das Eis geblickt – allerdings nicht in Grönland, sondern in der Antarktis. Sie kartierten die Topografie im Gebiet der subglazialen Ellsworth Highlands, einem von mehreren Kilometer Eis bedeckten Gebirgszug in der Westantarktis. Sie nutzten dazu sowohl Radardaten von Satelliten als auch von Überflügen mit Messflugzeugen und Radaranhängern von Schneemobilen.

Die Auswertungen zeigten Erstaunliches: Entlang des Gebirges verläuft ein riesiges Tal, mehr als drei Kilometer tief, 25 Kilometer breit und über 300 Kilometer lang. Die Talsohle liegt in einigen Bereichen mehr als 2.000 Meter unter dem Meeresspiegel, wie die Forscher berichten. Damit ist diese Schlucht tiefer als der Grand Canyon.

Die Ellsworth Mountains aus dem All - hier liegt auch der höchste Berg der Antarktis, Mount Vinson. Von den meisten Gipfeln ragt aber nur ein Stück aus dem kilometerdicken EIs. © NASA

„Der Fund dieses gewaltigen Troges war ein unglaublicher Glücksfall“, erklärt Studienleiter Ross. Denn anfänglich gab es nur Radardaten von beiden Enden dieses riesigen verborgenen Tales. Was sich dazwischen verbarg, ahnte daher niemand. Erst als Satellitendaten hinzugezogen wurden, zeigte sich die Riesenschlucht. „Sie ist so groß, dass sie aus dem All deutlich sichtbar ist“, sagt Ross.

Ausgekerbt vor der großen Vereisung

Entstanden ist das gewaltige Tal vor Millionen von Jahren, bevor die Antarktis dauerhaft von ihrem heutigen, dicken Eispanzer bedeckt war. Damals bewegte sich ein eher kleineres Eisfeld über den Untergrund und grub dabei diese tiefe Kerbe ins Gestein, wie die Forscher erklären. Von der formenden Kraft dieser Urzeit-Gletscher zeugen auch zahlreiche weitere Schluchten und Täler entlang des Ellsworth Gebirges. Sie ähneln in vielem den Landschaftsformen, die sich noch heute in den Alpen und anderen Hochgebirgen finden, so Ross und seine Kollegen.

„Dieser Fund demonstriert, wie wenig wir noch immer über die Oberfläche unseres Heimatplaneten wissen“, konstatiert Ross. „Die Entdeckung und Erkundung von verborgenen, zuvor unbekannten Landschaften ist noch immer möglich und unglaublich aufregend – auch heute noch.“ (Geological Society of America Bulletin, 2014; doi: 10.1130/B30794.1)

(Newcastle University., 15.01.2014 – NPO)

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